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 Forum Index —› Deutschland —› Kölner Dom auf die *Rote Liste* der Unesco gesetzt
 


Autor Mitteilung
Philipp
Mitglied

Beiträge: 168


 

Gesendet: 15:09 - 07.07.2004

Artikel aus der WELT vom 7.7.04

Auf den Dom hinab sehen?
Warum die Unesco den Kölner Dom auf ihre "Rote Liste" des Weltkulturerbes setzt
von Peter Dittmar

"Das "Zwischenstaatliche Komitee" der Unesco soll nach Angaben von Medienberichten den Kölner Dom am vergangenen Montag, den 5. Juli, auf die so genannte "Rote Liste" des Welterbes gesetzt haben. Dies kann von der Stadt Köln bislang nicht bestätigt werden. Nach eigenen, heute geführten Gesprächen mit der UNESCO-Zentrale in Paris, soll eine Entscheidung über Aufnahmen auf die so genannte "Rote-Liste" bislang noch nicht gefallen sein."


Das teilte die Pressestelle der Stadt Köln im Namen ihrer Oberbürgermeisters noch am selben Tage mit. Allerdings hatte man offensichtlich versäumt, einen Blick auf die Webseite der Unesco zu werfen. Dort, ebenfalls mit Datum vom 5. Juli, war "Die "Rote Liste" des Welterbes" bereits auf den neuesten Stand gebracht. Zwischen dem Naturschutzgebiet Nimba-Berge auf der Grenze der Elfenbeinküste und Guineas sowie dem Nationalpark Sangay in Ecuador, von denen das eine durch Ausdehnung von Bergbau und Landwirtschaft, der andere durch eine Straße und illegale Beweidung gefährdet ist, las man: "Kölner Dom, Deutschland: Am 5. Juli 2004 hat das Unesco-Welterbekomitee den Kölner Dom auf die Liste des Welterbes in Gefahr gesetzt. Das Komitee traf diese Entscheidung wegen der Gefährdung der visuellen Integrität des Doms und der einzigartigen Kölner Stadtsilhouette durch die Hochhausplanungen auf der dem Dom gegenüberliegenden Rheinseite."


Damit haben die 21 Mitglieder des Unesco-Komitees für das Weltkulturerbe bei ihrer Tagung im chinesischen Suzhou wahr gemacht, was sie bereits im letzten Jahr angedroht hatten. Der Grund sind die Bauplanungen auf dem rechtsrheinischen Ufer in Deutz, genau gegenüber dem linksrheinischen Dom. Dort sollen vier Hochhäuser entstehen, die den Stadtteil, in dem immerhin ein Drittel der Kölner wohnen - und der als "schäl Sick" von den Linksrheinischen scheel angesehen wird - wesentlich aufwerten. Das neue Messegelände (das alte hat die Stadt an RTL verkauft) und den ICE-Bahnhof würden dann drei Türme akzentuieren, der Hotelturm Messe (120 m), der Cologne One Tower (110 m) und der Büroturm Messe (100 m) sowie der bereits bis zum siebenten Stockwerk gediehene "Triangle" für den Landschaftsverband Rheinland (103 m). Köln könnte dann 13 Hochhäuser vorweisen, die die 100-Meter-Marke übersteigen, allerdings ohne die 157 Meter der Dom-Türme zu überragen. Das wurde 1981 allein dem Fernsehturm an der Peripherie mit inzwischen 266 Metern zugebilligt.


Kölns Hang, sich durch Hochhäuser ein weltstädtisches Gepräge zu geben, ist nicht neu. Bereits 1920 holte Oberbürgermeister Adenauer Hamburgs Stadtbaumeister Fritz Schumacher für drei Jahre nach Köln, damit es "weltstädtische Höhe" gewänne. So wuchsen 1924 das Hansa-(Saturn-)Hochhaus von Jakob Koerfer, mit 65 Metern damals das höchste Bürohaus Europas, und 1926 der 80 Meter hohe Messeturm von Adolf Abel in den Kölner Himmel. Nach dem Kriege forcierte dann der Kölner Oberbaudirektor Werner Baecker entlang des Ringes den Drang nach oben. Das Colonia-Haus (1972) blieb mit 147 Metern nur noch zehn Meter unter den Domtürmen. Das Uni-Center (1973) begnügte sich mit 131, das Land- und Amtsgericht mit 103 Metern.


Die vom Dom beherrschte Stadtsilhouette beeinträchtigten sie nicht, weil sie allesamt auf Distanz hielten. Das gilt selbst noch für den 2001 fertig gestellten "Köln Turm" im MediaPark, das mit 148 Metern bislang höchste Haus. Bei den vier rechtsrheinischen Wolkenkratzern sähe das jedoch anders aus. Sie stehen nur wenig mehr als eine Rheinbreite vom Dom entfernt, und die misst beim "Triangle" nicht einmal einen Kilometer. Aber auch die anderen drei wollen sich quer stellen, weil der freie Blick auf den Dom ein wesentliches Vermarktungsargument ist.

Bei allen Wortgefechten um die "visuelle Integrität des Doms" wird allerdings gern vergessen, dass die denkmalpflegerische Fürsorge jenseits der Höhenangst kein Ruhmesblatt ist. Die betonierte Hässlichkeit der Domplatte hat die Kirche nivelliert, indem sie die Treppen zum Portal überbaute. Auch das Dauerprovisorium des blau bespannten Gürteltiers "Musical-Theater" neben dem Bahnhof - vom Bahnhof selbst und der kaum schön zu nennenden Eisenbahnbrücke ganz abgesehen - ist nicht geeignet, die Würde des Gotteshauses zu unterstreichen. Doch daran, weil das von der Stadt mehr als nur den Verzicht auf Neues forderte, mochte die deutschen Sektion der Icomos, des Internationalen Rates für Denkmalpflege, die die Drohung mit der "Roten Liste" inaugurierte, nicht rühren.


Neu ist dieses "Vorzeigen der Folterwerkzeuge", um die mit dem Ehrentitel "Weltkulturerbe" ausgezeichneten Städte zur Räson zu bringen, allerdings nicht. In Potsdam, wo das "Potsdam-Center" die Schlösser und Parks von Potsdam-Sanssouci beeinträchtigt hätte, zeigte es Wirkung. Die Stadtverordneten änderten die Bebauungspläne - und finden nun keine Investoren mehr. Auch Wien verzichtete auf Hochhauspläne innerhalb der Ringstraße.


Die Kölner sind noch nicht einsichtig, obwohl "das Domkapitel außerordentlich bedauert, dass die Stadt Köln bei der Planung für die Hochhausbebauung in Deutz wenig Rücksichtnahme auf den Dom zeigte und ein Expertenhearing erst einberief, als alle Entscheidungen gefallen waren". Und mit dem Ergebnis - milde Kritik und sanfte Sanktionierung - meinte Oberbürgermeister Fritz Schramma aus dem Schneider zu sein. Umso mehr überrascht ihn anscheinend die neue Wendung. Also schimpfte er auf gewisse Leute, "die eine Aversion gegen alle Gebäude über hundert Meter haben". Und fügt trotzig hinzu: "Es kann nicht sein, dass eine Stadt sich, weil sie einen Dom hat, nicht weiter entwickeln darf." Es kann doch sein, wenn diese "Entwicklung" das Gesicht der Stadt gravierend und zwar zu ihren Ungunsten verändert.
Bewacher
Mitglied

Beiträge: 215


 

Gesendet: 18:13 - 07.07.2004

Die r(h)ein Kölsche Lösung des Problems:

-> "Kölner Dom soll 111 Meter höher werden!"
PeterBerlin
Bronzenes Premium-Mitglied

Beiträge: 584


 

Gesendet: 04:46 - 10.07.2004

Ich finde Köln ist doch sowieso einer unserer hässlichsten Großstädte. Wieso regen wir uns auf? Die Stadt selbst ist von den Leuten klasse und hat Atmosphäre, aber das hat sie bestimmt nicht aufgrund, sondern trotz Ihrer misslungenen Nachkriegsmoderne. Ein Besuch in Köln ist eine erschütternde Erfahrung. Die Innenstadt besteht aus Dom, Gürzenich, und der Glockengasse 4711. Dazwischen steht praktisch nichts, dass den II WK überlebt hätte, jedenfalls keine ganzen Straßenzüge oder Blocks - Einzelbauten, hier und da. Köln wurde prozentual noch stärker zerstört als Dresden.

Ich finde es nur interessant, dass Köln sich jetzt, anstatt nach 60 Jahren Historie-Leugnung endlich mal sich selber, Frankfurt am Main und Dallas zuwenden will. Der Bürgermeister, in Kollaboration mit tumben Modernisten, verkauft dies als "dringend notwendige Innovation". Aber es wäre nicht das erste Mal, dass unsere Politiker mit unseren Modernisten uns mit "Innovationen" beglücken wollen, von denen letztendlich nur sie selber überzeugt sind.
Hans-Dominik Schwabl
Mitglied

Beiträge: 120


 

Gesendet: 20:16 - 12.07.2004

In Köln steht gerade noch soviel Altes, dass man ahnen kann, was die Stadt einmal war und nicht mehr ist - das finde ich das depremierendste an Köln.
Mamischmanadi
Novize

Beiträge: 41


 

Gesendet: 15:19 - 13.07.2004

Diesen Artikel habe ich gerade auf der offiziellen Seite des Kölner Doms gefunden. Und was da drinsteht macht mich wütend. Selbst vor diesem herrlichen Bau haben die Modernisten nicht zurückgeschreckt. Sie haben dem Dom doch tatsächlich einen modernen Vierungsturm verpasst. Und das obwohl diesr nur leicht beschädigt den Krieg überstanden hatte! Und auch an der Nordfassade wurden ebenfalls Änderungen von Modernisten vorgenommen. Ich frag mich nur was der Scheiss (sorry!) soll?? Da wollte sich ein bekackter(sorry!) Dombaumeister in den 60er ein Denkmal setzen. Unglaublich!!!

Zitat:
Gerade in den Jahren, in denen der Dom entweiht worden war, wuchs die Liebe und die Begeisterung für dieses besondere Bauwerk. Viele Kräfte wirkten zusammen, damit 1842 mit dem Weiterbau des Domes begonnen werden konnte. Etwa die Hälfte des Geldes kam aus der preußischen Staatskasse, die andere Hälfte brachte der Zentral-Dombau-Verein auf, in dem viele engagierte Kölner Bürger sich zusammengeschlossen hatten. Eine intensive und effektive Bautätigkeit begann. Sie folgte zwar in den Formen genau den mittelalterlichen Plänen, bediente sich aber modernster Bautechnik. Schon 1864 waren, wie die Darstellung zeigt, die beiden Querhausfassaden und die Obergadenzone von Langhaus und Querschiff fertig. Der hölzerne Dachstuhl über dem mittelalterlichen Chor wurde durch eine eiserne Konstruktion über dem Gesamtbau ersetzt, die zu den fortschrittlichsten dieser Zeit gehörte. 1880 wurden dann auch die Türme fertig gestellt.


Der Kölner Dom feiert sein 750 - jähriges Jubiliäum (1998) Obwohl er von vierzehn schweren Fliegerbomben getroffen worden war, überstand der Dom auch den Zweiten Weltkrieg. Viele Jahre der Wiederherstellung folgten. Vor allem am Nordquerhaus wurden dabei auch moderne Bauformen verwendet. Das auffälligste Kennzeichen der Nachkriegszeit ist der auf der Darstellung zu sehende moderne Vierungsturm, der von Dombaumeister Willy Weyres und dem Bildhauer Erlefried Hoppe gestaltet wurde. Noch immer sind einige der im Krieg geschlagenen Wunden nicht geschlossen, und gleichzeitig müssen auch die durch Witterung und Umweltbelastung entstandenen Schäden behoben werden. Deshalb ist der Dom 'die ewige Baustelle' und wird es hoffentlich noch lange bleiben. Die ständigen Arbeiten am Dom belegen, wie wichtig den Menschen der Dom noch immer ist.





Hier ein Foto vom alten Vierungsturm:
[Link zum eingefügten Bild]
[Link zum eingefügten Bild]


Hier ein Foto vom modernen Vierungsturm:
[Link zum eingefügten Bild]
[Link zum eingefügten Bild]


ICh frage mich was soll der Schwachsinn??? OK, da man sich am alten Vierungsturm orientiert hat, ist der moderne noch akzeptabel. Aber was sollte diese Veränderung?Der alte Turm war doch noch vorhanden!!!
Mamischmanadi
Novize

Beiträge: 41


 

Gesendet: 15:24 - 13.07.2004

Der alte Vierungsturm war viel schöner, weil er reinste Gotik repräsentierte. Und deshalb passte er viel besser auf die Kirche. Diese moderne Neuschöüfung mit gotischen Zitaten bzw. Andeutungen wirkt mehr wie ein Fremdkörper auf dem Kirchenschiff! Hoffe mich kann ener beruhigen und erklären, warum man sich dazu entschlossen hat einen völlig neuen Vierungsturm zu entwerfen und nciht einfach den viel schöneren alten Vierungsturm restauriert bzw. rekonstruiert hat!!!???
Hans-Dominik Schwabl
Mitglied

Beiträge: 120


 

Gesendet: 16:20 - 13.07.2004

Die alte Zinkgußverkleidung war sehr schlecht erhalten und mußte erneuert werden. Die Erneuerung fand in wesentlich haltbarer Form als Bleiverkleidung statt. In Blei ließen sich aber die alten Detailformen nicht nachbilden. Ob aber der neue Entwurf wirklich gelungen ist, sei dahingestellt.
Antiquitus
Moderator

Beiträge: 943


 

Gesendet: 17:27 - 13.07.2004

der neue entwurf ist eben schlichter und billiger. beides scheint ja charakteristikum für die letzten 50 jahre zu sein (bezogen auf architektur und geist).
der alte turm ist ein echtes hochgotisches prunkstück, der neue eine modernistische adaption eines frühgotisches fehlschlages.
aber, der vierungsturm gehört noch zu den kleinsten problemen in köln...
Bewacher
Mitglied

Beiträge: 215


 

Gesendet: 08:46 - 15.07.2004

Noch ein Artikel zum Thema:
-> WAZ-Westen/Ruhrgebiet: "Dieses Weltkulturerbe ist bedroht"

Man hätte gleich auch die Zeche Zollverein auf die Rote Liste setzen können ( -> "Baufrevel auf der Zeche Zollverein" ) - dort will man ja inmitten des Geländes bauen und nicht über 1 Km entfernt.

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