Es war ein brachialer Weckruf an die Freunde günstiger Kleidung – angebliche fanden Kunden der Billigkette Primark in Oberteilen eingenähte Hilferufe.
Schnell war das Feindbild klar – Primark lasse Kleidung unter unmenschlichen Bedingungen fertigen und die Näherinnen wüssten sich nicht anders zu helfen, als Hilferufe in Kleidung einzunähen. Aber schon bald darauf tauchten erste erste Ungereimtheiten auf. Inzwischen ist klar, die Hilferufe waren mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht echt. Trotzdem lohnt es, über diese Geschichte zu reden.
Die Arbeitsbedingungen, unter denen große Teile des westlichen Textilangebots entstehen, sind unbestritten schlecht. Und das Argument, dass die Arbeiterinnen vor Ort nicht schreiben könnten und die Hilferufe daher gar nicht verfasst haben könnten, ist auch nicht eben entwaffnend.
Was kann man als Käufer tun?
Doch die Frage die sich eigentlich stellt, ist die nach den Alternativen. Wie soll man als Konsument reagieren, wenn man faire Arbeitsbedingungen unterstützten will? 20 Euro mehr für ein T-Shirt ausgeben? Das ist wohl kaum zielführend. Der zusätzliche Profit landet in den meisten Fällen beim Label und nicht bei den Arbeitern im Sweatshop. Der Anteil der Arbeitsleistung ist derart gering, dass man selbst eine drastische Lohnerhöhung kaum im Verkaufspreis spüren würde. Faire Arbeitsbedingungen sind keine Preisfrage.
Eine lobenswerte Lösung stellen alternative Labels dar, die sich auf fairen Handel und Nachhaltigkeit spezialisiert haben. Doch beim Lob bleibt es dann allzu oft auch. Die Verkaufszahlen sind klein, die Preise massebedingt hoch und die Auswahl klein bis „sehr speziell“. In Punkto Preis-Leistung und Auswahl können die kleinen Weltverbesserer kaum mit dem Massenmarkt konkurrieren.
Ist der Konsument machtlos?
Nicht unbedingt! Wenn Berichte über skandalöse Arbeitsbedingungen radikal durch Konsumverzicht beantwortet werden, entfaltet das bei den Anbietern seine Wirkung. Nichts trifft ein Label so hart wie einbrechende Verkaufszahlen. Das gilt selbst dann, wenn „die anderen auch nicht besser sind“. Denn den anderen Marktteilnehmer wird die verheerende Wirkung eines Kundenboykotts nicht entgehen und die Chance auf „vorauseilenden Gehorsam“ bei den Produktionsbedingungen ist hoch. Schließlich will man um jeden Fall vermeiden, in die gleiche Falle zu tappen. Ein entstandener Imageschaden ist kaum zu reparieren, während eine Verbesserung der Produktionsbedingungen keine allzu großen Spuren in der Bilanz hinterlässt.
Neben dem Konsumverzicht ist auch die Öffentlichkeit eine scharfe Waffe. Die Verbreitung von Skandal-Berichten trägt dazu bei, das Risiko für unethische Unternehmen zu erhöhen. Über die sozialen Netzwerke kann eine Marke heute innerhalb weniger Stunden und Tage erheblichen Schaden nehmen. Das Bewusstsein dafür dürfte auch bei den Unternehmen ein Umdenken auslösen.
Reality Check
Leider findet sich die große Empörung noch zu selten im Kaufverhalten wieder. Waren die armen Näherinnen heute noch ein Aufreger und Empathiemagnet, ist es morgen schon wieder das schicke 5-Euro-Shirt, dass die größere Anziehungskraft besitzt.
Das schreiben Andere zum Thema
1 N-TV – Eingenähte Hilferufe : Primark vermutet Schwindel
3 MÄDCHENMANNSCHAFT – Primark und die eingenähten Etikette: Guerilla-PR?
4 HORSTON – Ermittlungen von Primark
6 JANE WAYNE – Anonyme Botschaft in Primark-Kleid
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Es wäre einfach schon mal wahnsinnig sinnvoll, wenn Klamotten nicht als Wegwerfprodukt betrachtet werden. Früher hat gute Kleidung die Menschen viele Jahre oder gar Jahrzehnte begleitet. Heute überstehen die meisten Teile die aktuelle Saison nicht. Wer das gleiche Top einmal pro Woche anzieht, gilt schnell als Außenseiter.
Nur wenn sich das ändert und der Wert guter Kleidung wieder erkannt wird, lassen sich auch nachhaltige Produktionsmethoden etablieren. Masse statt Klasse!
Also ich war ehrlich gesagt noch nie in so einem Store, aber ich hab ein paar Berichte im TV gesehen und hab ich mir schon gedacht, die Preise stehen nicht in der Relation zu der Ware……T-shirts, Hosen etc. unter 10 Euro. Ich will ehrlich gesagt gar nicht wissen von wem und unter welchen Bedingungen diese Klamotten hergestellt werden.