„Wir müssen alles dafür tun, um für Arbeitsplätze in Deutschland zu kämpfen“
… sagte er demnach am Dienstag in der Sitzung der SPD-Bundestagsfraktion. Er erinnerte an seine Anfänge als Arbeitsrechtsanwalt, an das „mulmige Gefühl“, wenn Mitarbeiter eine Verlagerung in das Ausland fürchten müssen.
Volkswagen plant Abbau von Arbeitsplätzen
Volkswagen zum Beispiel will weg von der Beschäftigungsgarantie, es droht der Verlust Zehntausender Arbeitsplätze. Scholz sagte, da müsse man helfen. Es könne nicht sein, dass die einzige Lösung sei, das auf dem Rücken der Arbeitnehmer auszutragen. „Deshalb müssen wir etwas Patriotismus von den deutschen Unternehmensführern erwarten.“
Industriearbeitsplätze als neuer Schwerpunkt
Der Kanzler will das Thema Industriearbeitsplätze zum neuen Schwerpunkt seiner Arbeit machen, auch um eine Trendwende für die SPD zu erreichen. Die Stahlindustrie sei unter Druck, allerdings gebe es bei Thyssenkrupp dafür teils unternehmerische Gründe. Scholz machte deutlich, dass man auch bei den Energiekosten dringend noch was machen müsse. Die SPD fordert einen Industriestrompreis – den lehnt aber die FDP ab.
Mögliche Erklärung einer Haushalts-Notlage
Für SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich bleibt das Erklären einer Haushalts-Notlage bei den anstehenden Haushaltsverhandlungen eine Option. Die Schuldenbremse lasse Ausnahmen zu, „insbesondere in einer Situation wie der der Ukraine“, so Mützenich. Durch so ein Erklären einer Notlage, ein Ausklammern der Ukraine-Kosten von der Schuldenbremse, könnte es dann Raum für andere Investitionen geben. Auch Bundestagspräsidenten Bärbel Bas (SPD) erklärte nach Teilnehmerangaben in einer kämpferischen Rede, dass der Erhalt von Industriearbeitsplätzen jetzt im Fokus der eigenen Politik stehen müsse
DTS Nachrichtenagentur
Scholz‘ Industrieplan: Zwischen Not und politischem Kalkül
Der Vorstoß des Bundeskanzlers zur Rettung von Industriearbeitsplätzen kommt zu einem kritischen Zeitpunkt. Die deutsche Industrie, insbesondere die Automobilindustrie, steht vor enormen Herausforderungen. Der Strukturwandel hin zur Elektromobilität und der internationale Wettbewerbsdruck setzen traditionsreiche Unternehmen unter Druck.
Scholz‘ Ansatz, patriotisches Handeln von Wirtschaftsführern einzufordern, wirkt angesichts globalisierter Märkte etwas anachronistisch. Dennoch spricht er damit ein wichtiges Thema an: die soziale Verantwortung von Unternehmen gegenüber ihren Mitarbeitern und Standorten.
Der Ruf nach staatlichen Hilfen, sei es durch einen Industriestrompreis oder andere Maßnahmen, ist verständlich, birgt aber die Gefahr, notwendige Anpassungsprozesse zu verzögern. Hier wird sich zeigen, ob die Regierung die richtige Balance zwischen Unterstützung und Strukturwandel findet.
Politisch scheint Scholz zu versuchen, die SPD wieder stärker als Arbeitnehmerpartei zu positionieren. Das kann auch als Reaktion auf die wachsende Konkurrenz von links und rechts verstanden werden.
Die Diskussion um eine mögliche Aussetzung der Schuldenbremse zeigt, dass die Finanzierung solcher Maßnahmen zum Streitpunkt in der Koalition werden könnte. Hier zeichnet sich ein Konfliktpotenzial mit der FDP ab, das die Stabilität der Regierung auf die Probe stellen könnte.
Insgesamt steht Scholz vor der Herausforderung, wirtschaftliche Notwendigkeiten mit politischen Realitäten in Einklang zu bringen. Ob ihm das gelingt, wird nicht nur für die Industrie, sondern auch für die Zukunft seiner Kanzlerschaft entscheidend sein.
Sebastian Fiebiger
Redaktion