Ein Sieg Donald Trumps bei den anstehenden US-Präsidentschaftswahlen ist nicht mehr gänzlich unwahrscheinlich. Was heißt das für Deutschland?
Am Anfang war man sich unter deutschen Beobachtern einig: Die Präsidentschaftskandidatur von Milliardär Donald Trump ist ein Witz und eher eine Randnotiz der kommenden US-Wahlen. Inzwischen aber gewinnt der Immobilienunternehmer eine Vorwahl nach der anderen. Eine Präsidentschaft Trumps scheint nicht mehr gänzlich unwahrscheinlich.
Abkehr von gemäßigten Kandidaten
Und das, obwohl in den USA eigentlich die gemäßigten Kandidaten die besten Chancen haben. Aber 2016 ist alles anders. Sowohl Demokraten als auch Republikaner wollen deutliche Veränderungen. Und die sind mit Marco Rubio (Republikaner) und Hillary Clinton (Demokraten) in den Augen der meisten Wähler wohl eher nicht zu haben.
Nimmt man die aktuellen Trends als Grundlage, würden Donald Trump und Bernie Sanders das Rennen machen. Damit würden Populisten beider Rändern des politischen Spektrums gegeneinander antreten. Das ist schon allein deshalb problematisch, weil der dann gewählte US-Präsident nur einen kleinen Teil der Bevölkerung repräsentieren würde. Der Graben zwischen Republikanern und Demokraten würde wachsen. Und am Ende droht dann eventuell sogar das, was man am wenigsten wollte: Stillstand durch gegenseitige Blockade.
Ex-Botschafter Kornblum rechnet nicht mit Trump als US-Präsident
Der ehemalige US-Botschafter in Deutschland, John Kornblum, rechnet nicht damit, dass Donald Trump bei den US-Vorwahlen die Nominierung für die Republikaner schafft. „Auch wenn sich Teile der Republikaner-Spitze seit einigen Wochen auf eine Nominierung Trumps als Präsidentschaftskandidat einstellen und das begrüßen, bin ich sicher: Trump wird nicht US-Präsident“, so Kornblum in einem Gastbeitrag für die „Bild“ (Montag). „Und ich bin mir sogar relativ sicher, dass er es nicht bis zur Nominierung schafft.“
Trump-Erfolg steht für Verbitterung bestimmter Wählerschichten
Der typische Trump-Wähler sei „nicht repräsentativ für ganz Amerika“. Zur Begründung für Trumps Popularität sagte Kornblum der „Bild“: „Wir erleben gerade eine große Aufwallung gegen das Establishment – nicht nur in Amerika. Wenn jetzt also in Deutschland und Europa über Trump gelacht wird, wird vergessen, dass es Ähnliches auch hier gibt.“ Der typische Trump-Wähler sei zwischen 35 und 55 Jahre alt und meistens weiß, ohne Universitäts-Bildung und oft ohne Schulabschluss. Sie hätten ihren Stolz verloren haben und würden das der Politik ankreiden. Trump stehe stellvertretend für Unzufriedenheiten, Verbitterungen und Emotionen. Er sei „Eine Reaktion des `normalen Bürgers` auf die Komplexität der Zeit“, erklärte Kornblum.
Trittin über Donald Trump
Der Grünen-Außenexperte Jürgen Trittin hat den republikanischen US-Präsidentschaftsbewerber Donald Trump scharf attackiert und als „pöbelnden Populisten“ bezeichnet. „Seit den Vorwahlen in New Hampshire ist klar: Der Zulauf für Trump ist ungebrochen“, erklärte Trittin mit Blick auf die Vorwahlen in dem US-Bundesstaat. „Wer erwartet hat, der pöbelnde Populist würde in den Primaries einbrechen, wurde enttäuscht.“
Wählbarkeit wird neu definiert
Bemerkenswert sei, dass Marco Rubio – nach Iowa die Hoffnung des republikanischen Establishments – in einem eher liberalen Staat nicht mehr Stimmen gewinnen konnte, so der Grünen-Außenexperte weiter. „Trumps Triumph und Rubios schlechtes Abschneiden machen nochmal deutlich: Wählbarkeit wird bei den Republikanern neu definiert. Und das ist keine gute Nachricht.“ Dass Bernie Sanders bei den Demokraten gewonnen habe, sei indes nicht überraschend, erklärte Trittin. „Dass er so deutlich gewonnen hat, zeigt: soziale Gerechtigkeit und der Zorn über die extreme Ungleichheit sind die beherrschenden Themen im demokratischen Vorwahlkampf. Bei den Demokraten wird nur die Ausrichtung auf eine Politik für mehr Gerechtigkeit mehrheitsfähig sein.“
Atlantik-Brücke-Vorsitzender nennt Trumps Auftritte „irritierend“
Der Verein Atlantik-Brücke zur Stärkung der deutsch-amerikanischen Freundschaft sieht mit einigen Bedenken, dass die Republikaner zur US-Präsidentenwahl möglicherweise Donald Trump aufstellen: In einem Gespräch mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Montag) nannte der Vorsitzende Friedrich Merz die Auftritte Trumps „irritierend“. Er hoffe, dass die beiden großen US-Parteien nach dem Vorwahlkampf Kandidaten nominierten, „die das Land zur Mitte hin einigen und nicht weiter spalten“, sagte der Politiker. Wenn die Republikaner das Land befrieden wollten, dürften sie nicht Trump nominieren.
Katastrophale Kommunikationsstrategie bei TTIP
Merz sagte, das Verhältnis zwischen Deutschland und den USA sei heute rationaler als früher. Die Abwägung eigener Interessen spiele mittlerweile eine größere Rolle als die große Emotionalität in den ersten Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg. Damals seien noch viele US-Soldaten in Deutschland stationiert gewesen. „Alleine deshalb gab es viele persönliche und familiäre Beziehungen“, erklärte der Vorsitzende der Atlantik-Brücke. „Trotzdem müssen wir uns auf dieser Seite des Atlantiks darüber im Klaren sein, dass es ein strategisches Interesse gibt, die Partnerschaft mit Amerika auch im 21. Jahrhundert fortzusetzen.“ Das Freihandelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA könne dazu beitragen. Der Abschluss dieses Abkommens bleibe auch nach den US-Wahlen auf der Tagesordnung, sagte Merz. Er äußerte teilweise Verständnis für die Kritik an dem Abkommen. Dies gelte insbesondere für die „katastrophale Kommunikationsstrategie“ der EU-Kommission, die das Verhandlungsmandat über Monate geheim gehalten habe. „Hier sind die Kommission und alle Befürworter ohne Not in die Defensive geraten, und jetzt kämpft man an gegen Vorurteile, halbe Wahrheiten und emotionale Beweggründe gegen TTIP.“ Wenn das Abkommen irgendwann vorliege, werde sicherlich ein großer Teil der Kritik in sich zusammenfallen, weil die von den Kritikern genannten Punkte dann gar nicht in das Vertragswerk aufgenommen sein würden.
Internationale Kooperation: Hardt fürchtet Nachteile bei Wahlsieg Trumps
Der Koordinator der Bundesregierung für die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und den USA, Jürgen Hardt (CDU), befürchtet Nachteile für die transatlantische Kooperation, sollte US-Präsidentschaftsbewerber Donald Trump ins Weiße Haus einziehen: „Das könnte für die internationale Zusammenarbeit ein Problem werden“, sagte Hardt der „Saarbrücker Zeitung“ (Donnerstagsausgabe). Trump bediene vor allem jene, „die meinen, die USA müssten sich mehr auf sich selbst konzentrieren“, erläuterte Hardt. Gleichwohl habe Deutschland bisher mit jedem US-Präsidenten einen Weg gefunden, die transatlantische Partnerschaft fortzuentwickeln.
Trump hat Erfolg mit einfachen Antworten
Zugleich erklärte Hardt: „Was ein Kandidat macht, um im Wahlkampf erfolgreich zu sein, und was er hinterher machen würde, wenn er Präsident wäre, sind zwei verschiedene Paar Schuhe.“ Trump habe vor allem Erfolg, weil er einfache Antworten auf komplizierte Fragen gibt. „Leider sind diese Antworten häufig falsch.“
Kommentar
Aus deutscher Sicht ist die Sache klar. Uns muss vor allem an einem stabilen Amerika gelegen sein, das gar nicht so viel anders macht. Und dafür ist Hillary Clinton die beste Option.
Manchmal ist ein „einfach weiter so“ die beste Option
Klar, sie ist eine affektierte Schauspielerin, hat sich als Außenministerin nicht gerade mit Ruhm bekleckert und wird vermutlich auch als Präsidentin kaum neue Impulse setzen. Aber in außenpolitisch und wirtschaftlich angespannten Zeiten reicht eben manchmal auch ein „einfach weiter so“.
Nutzt Deutschland das Führungsvakuum?
Gewinnt Trump die US-Wahlen wird es anstrengend. Trump dürfte außenpolitisch aggressiver vorgehen, aber auch wesentlich weniger verlässlich sein. Das ist eine Chance für Länder, die sich an der Führung des Westens beteiligen wollen – aber eben um den Preis eines deutlich weniger berechenbaren Amerikas. Ob Deutschland seine europäische Führungsrolle dabei ausweiten kann, wird insbesondere von den Ergebnissen der Bundestagswahl 2017 abhängen. Bleibt es bei einer starken Regierung unter Merkel, stehen die Chancen dafür gut. Allerdings wird dann eine deutliche Aufstockung des Wehretats nötig, was von NATO-Partnern ohnehin schon lange gefordert wird.
Und Sanders?
Als politischer Beobachter fände ich Sanders interessant. Amerika dürfte er aber eher schaden. Und in Hinblick auf die Schwächung der Führungsrolle der Staaten hätte sein Wahlsieg die gleichen Konsequenzen wie der Trumps.
„Inzwischen aber gewinnt der Immobilienunternehmer eine Vorwahl nach der anderen.“
Um genau zu sein, nur eine bisher(?), in New Hampshire. Es gab ja auch erst zwei.
inzwischen gewinnt ≠ gewann / hat gewonnen
Schau Dir mal die Polls der nächsten Stationen an:
http://www.realclearpolitics.com/epolls/2016/president/sc/south_carolina_republican_presidential_primary-4151.html
http://www.bild.de/politik/ausland/us-wahlkampf/donald-trump-gewinnt-us-vorwahl-der-republikaner-in-nevada-44679460.bild.html