Berlin (dts Nachrichtenagentur) – Klimaschutzaktivistin Luisa Neubauer hat sich zum Ende der 26. Weltklimakonferenz in Glasgow mit klaren Worten an Olaf Scholz gerichtet. Auf die Frage, ob der SPD-Politiker, der Regierungschef werden will, tatsächlich sein Versprechen vom „Klima-Kanzler“ einhalten kann, antwortete sie dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Freitagausgaben): „Natürlich kann er das.“ Die Frage sei nur: „Wieso macht er es nicht? Was hält ihn denn auf? Er hat die Menschen hinter sich, selbst die Industrie, die Unternehmen, die sagen: `Wir wollen das jetzt machen.`“ Die deutsche Rolle auf der Klimakonferenz bewertet Neubauer äußerst kritisch: „Deutschland hat in den vergangenen Jahren verpasst, das zu machen, was man laut dem Pariser Abkommen machen müsste.“
Man sei ein Vorbild, ob man das wolle oder nicht. „Wenn wir loslegen und was machen, dann zeigen wir: es geht eben auch. Deutschland hat auch in Glasgow enttäuscht: Eine Zusage, bei der wir nicht mitgemacht haben, ist der schnelle Ausstieg aus dem Verbrenner. Das ist für eine so relevante Autonation ein extrem problematisches Zeichen.“ Sie kündigte zudem an, dass „Fridays for Future“ auch gegen die neue Regierung zu Klimastreiks aufrufen wird. „Alle drei Parteien wurden gewählt mit einer Zusage, für das 1,5 Grad-Versprechen zu kämpfen. Nun sitzen sie zusammen, als hätten wir unendlich Zeit, Klimaschutz sei ein Nebenthema und höchstens ein Problem der Grünen. Ist es zu viel verlangt, dass diejenigen, die großen Wahlkampf für sich gemacht haben, Krisen bewältigen zu wollen, dafür auch einstehen?“ Man werde das einfordern müssen.
„Wir lassen die neue Koalition nicht aus der Verantwortung.“ Der Direktor und Chefökonom des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), Ottmar Edenhofer, übte auch Kritik an einem neuen Entwurf des Abschlussdokuments der COP26. „Es ist keine gute Entwicklung, dass in einem aktuellen Entwurf des COP-Abschlussdokuments die Formulierungen zum Kohleausstieg verwässert wurden. Das sollte auf den letzten Metern der Verhandlungen wieder zurückgenommen werden“, sagte er der „Rheinischen Post“ (Samstagausgabe). „Um die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, braucht es einen globalen Ausstieg aus den fossilen Energieträgern bis 2050. Mit dem aktuellen Entwurf gerät das in Gefahr“, sagte Edenhofer. So heißt es im aktuellen Entwurf, dass „der Ausstieg aus der unverminderten Kohleverstromung und aus ineffizienten Subventionen für fossile Brennstoffe“ forciert werden solle. Zuvor war eine schärfere Formulierung enthalten. „Klar ist: Es gibt keine effizienten Subventionen solcher Energieträger, alle sind ineffizient“, sagte Edenhofer dazu. „Der Entwurf suggeriert jedoch das Gegenteil.“
Nach wie vor bestehe eine erhebliche Lücke zwischen den Zielen der Staaten und der Implementierung von Maßnahmen. „Es gibt aber auch Fortschritte bei der Klimakonferenz, die richtungsweisend sind. Ich habe beispielsweise die Hoffnung, dass nach dem Schulterschluss Chinas mit den USA ambitionierte Initiativen in der Runde der Industriestaaten nach der Klimakonferenz möglich werden“, sagte Edenhofer. „Wenn sich die EU mit den USA und China zusammentut, können sie eine G3 des Klimas bilden, einen Block der größten Wirtschaftsmächte und Treibhausgasemittenten, der die Spielregeln für den gesamten Planeten bestimmen kann. So sollte es beispielsweise einen CO2-Mindestpreis unter den G3-Staaten geben“, so der PIK-Direktor.