Kiew (dts Nachrichtenagentur) – Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko drängt die Bundesregierung zur schnellen Lieferung zusätzlicher Waffen und des Taurus-Marschflugkörper-Systems. „Für jede Verzögerung zahlen wir Ukrainer den höchsten Preis: Das kostet das Leben unserer Patrioten, unserer Soldaten“, sagte Klitschko der „Süddeutschen Zeitung“. Dies habe er „exakt so“ auch Bundeskanzler Scholz bei einer Begegnung am Donnerstag in Berlin gesagt.
„Die Unterstützung der Ukraine ist ein Schlüssel für den Frieden in Europa.“ Klitschko bedankte sich ausdrücklich für bisherige Waffenlieferungen aus Deutschland und insbesondere für Luftabwehr-Technologie zum Schutz der ukrainischen Hauptstadt. Über Bundeskanzler Scholz, der bisher mit der Lieferung der Marschflugkörper an die Ukraine zögert, sagte Klitschko: „Er unterstützt die Ukraine. Aber er ist ein Politiker – er will nicht einfach etwas versprechen.“ Die Gespräche mit Scholz gefielen ihm heute allerdings viel mehr als zu Anfang des Krieges. „Er ist proaktiver geworden als in der Zeit davor.“ Klitschko räumte ein, dass sein Verhältnis zum ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij angespannt sei: „Mit Präsident Selenskij habe ich seit eineinhalb Jahren nicht gesprochen.“ Der frühere Boxweltmeister fügte hinzu, es gebe leider in der Ukraine „unerfahrene Politiker, die selbst in Kriegszeiten politische Spielchen machen“. Klitschko forderte Politiker aller ukrainischer Parteien zur nationalen Einheit auf und warnte vor Forderungen nach Wahlen im Land. „Es gibt Stimmen in der Ukraine, die jetzt mitten im Krieg nationale Wahlen fordern. Das wäre Gift, das kann die Ukraine zerstören.“ Klitschko, der lange Jahre in Deutschland gelebt hat, sagte, es habe zu Beginn des Krieges „viel Mühe gebraucht, den Deutschen die Lage zu erklären und warum wir Unterstützung brauchen“. Das habe sich inzwischen geändert: „Heute versteht fast jeder Deutsche die Gefahr – nicht nur für die Ukraine, auch für Deutschland.“ Der Bürgermeister von Kiew warnte die Deutschen ausdrücklich vor Russlands Präsidenten Putin, der „eine kranke Vision“ habe und „das sowjetische Reich wieder aufbauen“ wolle. Das könne auch auf die neuen Bundesländer zielen: „Er nennt die DDR nicht beim Namen. Aber man kann sich das leicht vorstellen: Die DDR gehörte zum sowjetischen Machtbereich.“ Das sei auch in Putins Vergangenheit als KGB-Offizier in Dresden während des Falls der Berliner Mauer 1989 begründet, so Klitschko. „Putin hatte eine persönliche Verbindung zur DDR.“