
Washington (dts Nachrichtenagentur) – Der Befehlshaber der US-Landstreitkräfte in Europa, General Ben Hodges, glaubt, dass die Nato nicht in der Lage wäre, die baltischen Staaten vor einem Angriff der russischen Streitkräfte zu schützen. „Russland könnte die baltischen Staaten schneller erobern, als wir dort wären, um sie zu verteidigen“, sagte Hodges in der Wochenzeitung „Die Zeit“. Der General stimmt der Einschätzung von Militär-Analysten zu, wonach russische Truppen innerhalb von 36 bis 60 Stunden die baltischen Hauptstädte erobert haben könnten.
Kommunikation unsicher, Technik zu träge
Hodges berichtete zudem von zahlreichen Mängeln, die Nato-Truppen aus 22 Ländern während des Großmanöver „Anakonda“ in Polen bei ihrer Zusammenarbeit festgestellt hätten. Dazu zähle, dass schweres Gerät nicht schnell genug von West- nach Osteuropa verlegt werden könnte. Große Sorgen, so Hodges, mache ihm auch die Kommunikationstechnik innerhalb des Bündnisses. „Weder Funk noch E-Mail sind sicher. Ich gehe davon aus, dass alles, was ich von meinem Blackberry aus schreibe, mitgelesen wird.“
Kommentar:
Breiter Russischer Angriff eher unwahrscheinlich
Es ist für mich nur schwer vorstellbar, dass Russland einen breiten militärischen Angriff auf das Baltikum wagt. Das würde Europa in eine Schockstarre versetzen – die Börsen würden einbrechen und das Finanzsystem ins Wanken geraten. Das würde nicht nur Europa und Russland, sondern die ganze Welt, ins Chaos stützen. Ich halte Putin für schlau genug, das nicht zu riskieren. Zumindest nicht, solange er nicht wirklich mit dem „Rücken zur Wand“ steht.
Russische Destabilisierung
Was schon wahrscheinlicher ist, ist ein Vorgehen wie auf der Krim oder in der Ostukraine. Entweder man nutzt im Land entstehende Unruhen oder man zettelt selbst welche an. Die dann entstehende Unsicherheit für die russische Bevölkerung nutzt man, um sich als „Schutzmacht“ zu positionieren und „Friedenstruppen“ zu entsenden. Ähnlich wie in Syrien könnte man sich dafür auch die Legitimation bei einer der inneren Konfliktparteien holen.
Gegen die Umsetzung solcher Ambitionen schützt allerdings keine Truppenverstärkung im Osten. Die müsste der Westen wohl – unter großen Schmerz – geschehen lassen.
Sebastian Fiebiger
Chefredaktion