Der Parteienforscher Werner Patzelt hält es durchaus für möglich, dass die AfD zur Volkspartei wird. Dafür müssen drei Bedingungen erfüllt sein.
Berlin (dts Nachrichtenagentur) – Nach Einschätzung des Dresdner Politikwissenschaftlers Werner Patzelt könnte die Alternative für Deutschland (AfD) nach ihrem Triumph bei den Landtagswahlen unter bestimmten Voraussetzungen zu einer Volkspartei werden. „Sarkastisch müsste man sagen: An einem Wahlabend, an dem die SPD weithin als Volkspartei gilt, ist die AfD, die wesentlich mehr Stimmen gewonnen hat, erst recht eine Volkspartei. Allerdings ist die AfD noch keine stabile politische Kraft“, sagte Patzelt im Interview mit dem „Handelsblatt“.
Sie sei noch eine sehr junge Partei, die womöglich noch „einige innere Klärungsprozesse“ hinter sich bringen müsse. Und sie habe noch kein Parteiprogramm. „Kurzum: Die AfD könnte zur Volkspartei werden, wenn sie sich nach innen wie nach außen dauerhaft stabilisiert.“ Patzelt nannte drei weitere Bedingungen für eine dauerhafte Etablierung der AfD:
1. Flüchtlingskrise hat Bestand
„Erstens: Die Einwanderung kommt nicht zum Ende, und die Integrationsprobleme erweisen sich als sehr schwierig.“
2. CDU grenzt weiterhin aus
Eine weitere „Stellschraube“ sei die Frage, „ob die CDU wieder anfängt nach rechts zu integrieren oder ob die CDU den rechten Rand sich selbst überlässt“. Wenn die CDU AfD-Wähler weiter ausgrenze, dann blieben die bei der AfD.
3. AfD trennt sich von Rechtsradikalen
Die dritte Stellschraube betreffe die AfD selbst. Sie müsse dafür zu sorgen, „dass rechtsradikale und unberechenbare Mitglieder in der Partei keine herausragenden Funktionen erhalten“, sagte Patzelt. „Sie sollte sich vielmehr von Rechtsradikalen trennen. Und das Spitzenpersonal sollte gemäßigt auftreten und keine Skandale anzetteln“, fügte er hinzu. „Wenn das gelingt, dann kann die AfD sich stabilisieren, andernfalls geht es mit ihr den Bach runter.“
AfD will Zusammenarbeit mit etablierten Parteien
Die AfD sieht sich selbst schon auf einem guten Weg zur Volkspartei und will mit den etablierten Parteien zusammenarbeiten. Der AfD-Bundessprecher Jörg Meuthen hat sich für eine künftige Zusammenarbeit mit den etablierten Parteien ausgesprochen. „Wer Politik macht, will gestalten – und das geht in der Regierung besser als in der Opposition“, sagte Meuthen dem „Tagesspiegel“. „Mittelfristig werden wir deshalb auch Koalitionen eingehen. Und die größte Schnittmenge haben wir da mit der CDU und der FDP, das ist ganz klar.“
AfD mobilisiert Nicht-Wähler
Petry: AfD fördert Demokratie
AfD-Chefin Petry sieht in ihrer Partei gar eine Förderin der Demokratie. „Es war gestern ein sehr guter Tag für die Demokratie in Deutschland“, sagte Petry am Montagmittag in der Bundespressekonferenz mit Blick auf die hohe Wahlbeteiligung bei den Landtagswahlen. „Wir sind die einzige Partei in Deutschland, die eine verstärkte Bürgerbeteiligung in Deutschland vertritt“, so Petry weiter, die die AfD zudem als „Partei des sozialen Friedens“ bezeichnete.
„Ethnisierung der Gewalt in Deutschland“
Ihre Partei thematisiere die „Ethnisierung der Gewalt in Deutschland“: So würde sich die Polizei etwa nicht mehr in gewisse Stadtteile trauen, zudem gebe es ein hohes Maß an Clan-Gewalt. „Das sind Entwicklungen, die uns sorgen.“ Bei den Landtagswahlen am Sonntag hatte die rechtskonservative AfD große Erfolge erzielt: In Baden-Württemberg hatte sie 15,1 Prozent der Stimmen geholt, in Rheinland-Pfalz waren es 12,6 Prozent. In Sachsen-Anhalt wurde die AfD mit 24,2 Prozent gar zweitstärkste Kraft.
Wahlerfolge am Super-Sonntag
Bei den Landtagswahlen am Sonntag hatte die rechtskonservative AfD große Erfolge erzielt: In Baden-Württemberg hatte sie 15,1 Prozent der Stimmen geholt, in Rheinland-Pfalz waren es 12,6 Prozent. In Sachsen-Anhalt wurde die AfD mit 24,2 Prozent gar zweitstärkste Kraft.
CSU: „Nicht in die eigene Tasche lügen“
Führende CSU-Politiker warnen die CDU vor Illusionen über den Erfolg der AfD bei den Landtagswahlen. „Man sollte sich da nicht in die eigene Tasche lügen“, sagte Partei-Vize Angelika Niebler der „Welt“ bezogen auf Äußerungen von NRW-Landeschef Armin Laschet. Laschet hatte die Erwartung geäußert, dass die AfD sich entzaubern werde.
Die Menschen treibe nicht nur die Flüchtlingspolitik um, betonte Niebler: „Es geht auch um Themen wie Globalisierung, Angst vor Wohlstandsverlust, dem Verlust gewachsener sozialer Strukturen und die Sorge vor dem politischen Islam.“ Die AfD sammle diese Ängste auf. „Darauf brauchen wir Antworten.“ Die politische Klasse habe sich weit vom Wähler entfernt, attestiert der Innenpolitiker Hans-Peter Uhl. „Ich erwarte vom Kanzleramt ein klares Bekenntnis: Ja, wir haben verstanden. Wir kehren zu euch zurück. Die Politik muss zum Wähler kommen, nicht der Wähler zur Politik. Das nennt man Demokratie.“ Dem pflichtete der innenpolitische Sprecher der Fraktion, Stephan Mayer, bei: „Um die AfD wieder zurückzudrängen, reicht es nicht, den bisherigen Kurs in der Flüchtlingskrise innen- und außenpolitisch einfach fortzusetzen.“ Die Union müsse die Probleme lösen, sagte auch der parlamentarische Geschäftsführer Max Straubinger. „Es muss eine sichtbare und signifikante Reduzierung des Migrationszuflusses erreicht werden.“
Steinmeier: AfD gefährdet Deutschlands ruf
Nach Ansicht von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) gefährden die jüngsten Wahlerfolge der AfD Deutschlands Stabilität und seine internationale Reputation: „Deutschland wird bewundert für Stabilität, Humanität und für unsere Liberalität. Schrille Töne und die Wahlergebnisse der AfD haben Zweifel geweckt, ob das so bleibt“, sagte Steinmeier der „Welt“. Der SPD-Politiker fügte hinzu: „Täuschen wir uns nicht: das Geheimnis hinter Deutschlands wachsender Rolle in der Welt und unserem wirtschaftlichen Erfolg sind unsere Vernunft und Sachlichkeit in der politischen Auseinandersetzung und die Ablehnung von Populismus und populistischer Parteien. Das sollten wir nicht gefährden.“
Kauder warnt vor weiterem Streit
Der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Volker Kauder, hat vor weiterem Streit in der Union gewarnt: Das wäre „wirklich ein Programm zur Stärkung der AfD“, sagte Kauder im „ARD-Brennpunkt“. Er sei sich sicher, dass der Kurs, den Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Flüchtlingspolitik fahre, zum Erfolg führe. „Da braucht man etwas Geduld, die ersten Erfolge zeigen sich und deswegen bin ich ganz sicher, dass wir das auch erreichen. Und wenn dann eben das Ziel, das gemeinsame, zwischen CDU und CSU vereinbarte Ziel erreicht ist, nachhaltig weniger Flüchtlinge, dann ist doch auch die Lösung da“, so Kauder. „Und mit dieser Lösung wird die AfD dann auch zurückgehen.“
Kommentar
Ich kann Patzelt da nur zustimmend zunicken. Und daraus ergibt sich auch das Konzept für die etablierten Parteien. Löst man die Flüchtlingskrise und bewältigt man die Integration, nimmt das der AfD die argumentative Basis. Dafür ist es aber unbedingt erforderlich einen europäischen Konsens zu finden. Sonst fällt uns das Thema spätestens in ein paar Jahren erneut auf die Füße.
Ende der Stigmatisierung?
Die Stigmatisierung der AfD als etwas, das außerhalb des politischen Establishments steht, hat der Partei nur geholfen. Die Beschimpfungen müssen aufhören. Man muss die Partei mit Argumenten und eigenen guten Lösungen stellen.
Die AfD hat insbesondere deshalb so hoch gewonnen, weil viele Bürger das Gefühl haben, die etablierte Politik habe die Lage nicht unter Kontrolle. Der Wahlerfolg basiert nicht auf dem Vertrauen in die Lösungskompetenz der AfD, sondern auf dem Misstrauen gegenüber den etablierten Parteien.
Es bleibt zu Hoffen, dass die Wahlen am Wochenende ein Weckruf waren, der gehört wurde.
Einige Monate nach den Landtagswahlen bzw. dem Erscheinen des Kommentars (heute ist der 31.8.2016) kann man feststellen, dass der vom Kommentator erhoffte „Weckruf“ ausgeblieben ist. Angela Merkel wiederholt immer nur gebetsmühlenartig ihr „Wir schaffen das“, ihre Regierungscrew nickt alles ab, die Ausgrenzung der AfD geht weiter, Linke und Grüne schwadronieren weiterhin meilenweit von der Realität entfernt vor sich hin.
Währenddessen werden immer neue Straftaten seitens der Migranten bekannt, wenn sich auch die Presse bemüht, möglichst nichts davon über die „Lokalseite“ hinaus zu veröffentlichen. Dazu kommen neue Terroranschläge, Diskussion um Burka und Burkini, massenhafte Schwarzarbeit durch Asylanten u.a. All das dient nicht gerade zur Beruhigung der Einheimischen.
Zu Herrn Steinmeiers Sorge um Deutschlands Reputation in der Welt möchte ich sagen, dass dieser Ruf auch durch die merkelsche Migrantenpolitik heftig gelitten hat. Symptomatisch dazu fällt mir der Spruch ein: „Über Spanien lacht die Sonne – über Deutschland lacht die ganze Welt!“ – Wenn man die ausländischen Medien verfolgt, kann man feststellen, dass nirgendwo auch nur das geringste Verständnis für die deutsche Flüchtlingspolitik besteht!
In Bezug auf die AfD bedeutet das, dass ihrem Siegeszug nichts im Wege steht, falls die etablierten Parteien nicht schnellstens ihre Politik ändern, und dafür gibt es bisher leider keine Anzeichen.
Ich finde die Ausgrenzung der AFD unberechtigt und würde eine Koalition zwischen AFD, FDP und CDU begrüßen. Auch ist es blödsinnig dass die AFD bloß wegen der Flüchtlinge gewählt wird, geschweige denn legidlich Ängste aufgreift, um Wähler zu angeln. Die AFD ist eine der wenigen Parteien oder gar die einzige wirkliche Volkspartei, welche tatsächlich die Interressen des deutschen Volkes vertritt.