Bringen die Panama-Papers die isländische Regierung zu Fall, könnten die Piraten als stärkste Partei die Regierung übernehmen.
Reykjavik (dts Nachrichtenagentur) – Während die Piratenpartei in Deutschland an Bedeutung verloren hat, machen sich die Piraten auf Island ernsthafte Hoffnungen auf die Regierungsübernahme. In aktuellen Umfragen kommt sie auf 36 Prozent. Zudem könnte der derzeitige Premierminister Sigmundur Davíð Gunnlaugsson über seine Aussagen zur Bankenrettung während der Finanzkrise stolpern, nachdem in den sogenannten „Panama Papers“ Hinweise darauf zu finden sein sollen, dass er in Bezug auf die Beteiligung an einer Offshore-Firma möglicherweise nicht die Wahrheit gesagt hat.
Sollte es jetzt zu einer Untersuchung und eventuell zu Neuwahlen kommen, werde es wahrscheinlich zu einer Regierung unter Führung von Birgitta Jónsdóttir, der Vorsitzenden der Piratenpartei Island kommen, sagte Carsten Sawosch, stellvertretender Vorsitzender der Piratenpartei Deutschland, am Sonntag.
Update: Inzwischen hat Islands Regierungschef um die Auflösung des Parlaments gebeten.
Nach den Medienberichten über die sogenannten „Panama Papers“ hat Islands Regierungschef Sigmundur Davíð Gunnlaugsson den Präsidenten Ólafur Ragnar Grímssonum Erlaubnis gebeten, das Parlament aufzulösen und Neuwahlen anzusetzen. Isländischen Medien zufolge lehnte Grímssonum die Bitte jedoch zunächst ab. Er wolle zunächst mit den Vorsitzenden der übrigen Parteien beraten, hieß es weiter.
Zahlreiche Isländer hatten zuletzt Gunnlaugssons Rücktritt gefordert. Die Opposition beantragte ein Misstrauensvotum im Parlament.
Kommentar:
Im Moment ist noch nicht klar, welche konkreten Konsequenzen der Panama-Leak haben wird. Werden die Verantwortlichen wirklich zur Rechenschaft gezogen? Oder bleibt es bei einem kurzen Aufschrei nach dem Motto „Gedacht haben wir es uns schon immer. Jetzt haben wir Gewissheit.“?
Durchbruch für die Piraten?
Die Piraten sind in Island in Wahlumfragen schon länger die stärkste Partei. Kocht der Panama-Skandal richtig hoch, könnte das der Partei zusätzlichen Schub verleihen – steht sie doch für einen Neuanfang jenseits des Establishments.
Für die Piratenbewegung wäre das ein großer Durchbruch. Gäbe es doch erstmals die Chance, die politischen Konzepte der Piraten auf einer breiteren Basis einem „Reality-Check“ zu unterziehen. In einer Situation, in der bspw. das bedingungslose Grundeinkommen weltweit immer mehr Zuspruch erhält, könnte Island die Entwicklung als Frontrunner beschleunigen. Die Sozialsysteme der westlichen Staaten brauchen dringend einen grundlegenden Neustart.
Sebastian Fiebiger
Redaktion