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 Forum Index —› Ausserhalb Deutschlands —› Moskau: Appell gegen die Zerstörung historischer Bausubstanz
 


Autor Mitteilung
Oliver
Senior-Mitglied

Beiträge: 491


Gesendet: 16:09 - 03.05.2004

In der FAZ von heute wird eine Initiative
russischer Intellektueller vorgestellt,
welche sich gegen die weitere Zerstörung
historischer Bausubstanz wendet.

Auszüge:
...
Auf einer dem Denkmalschutz gewidmeten Konferenz, die das Schtschussew-Architekturmuseum abhielt, verfaßten Architekten, Denkmalpfleger, Kunsthistoriker einen offenen Brief an Präsident Putin, die Regierung, das Kultusministerium sowie der Stadt Moskau, der vor drohendem kulturellen Kahlschlag warnt. Das Dokument, auf der Internetseite http://www.muar.ru/ zu finden, faßt noch einmal die beängstigenden Verluste an historischer Bausubstanz zusammen. Die unmittelbare Umgebung des Kreml, auf der Unesco-Liste als Teil des Weltkulturerbes verzeichnet, ist heute verfälscht, im Stadtzentrum wurde Bausubstanz des siebzehnten bis neunzehnten Jahrhunderts rücksichstlos abgeräumt.
Vor dem Hintergrund eines beispiellosen Baubooms verfallen Meisterwerke des Moskauer Klassizismus und Neoklassizismus von Architekten wie Baschenow und Scholtowski. Die berühmte Moskauer Manege fiel einem Brand zum Opfer, das Jugendstil-Kaufhaus Wojentorg und das stalinistische Hotel "Moskwa" ein Wahrzeichen der Stadt, werden abgerissen. Den völlig vernachlässigten Bauten der sowjetischen Avantgarde der zwanziger Jahre droht der Untergang. Die berühmten Arbeiterklubs von Melnikow sind durch unsachgemäße Renovierung entstellt, der Abriß des "Kautschuk"-Klubs soll beschlossen sein. Baufällig beziehungsweise in ihrer Ausstattung verfälscht sind auch die bedeutendsten Stationen der Moskauer Metro, insbesondere die Haltestelle "Majakowskaja" mit den Deckenmosaiken von Dejneka. Die jüngsten Neuzugänge auf der Abrißliste sind das als stalinistisch-venezianischer Palast konzipierte Kaufhaus "Detski mir" (Kinderwelt) am Lubjanka-Platz und das Zuckerbäcker-Hotel "Peking". Ganze historische Viertel sind verschwunden, stellen die Verfasser fest. Die Moskauer Bauherren schaffen im Verein mit der Stadtverwaltung Ersatz, indem sie Neubauten mit historisierendem Fassadendekor schmücken.
...

Hier noch einmal die Internetseite
des Schtschussew-Architekturmuseums
mit weiteren Infos:
http://www.muar.ru/
...teilweise auch auf englisch.
Hans-Dominik Schwabl
Mitglied

Beiträge: 120


 

Gesendet: 18:23 - 04.05.2004

In Städten ist immer neu gebaut worden, Städte haben ihr Stadtbild immer wieder umgeformt, und das muß nicht unbedingt ein Verlust für das Stadtbild sein, auch dann wenn der verlust einzelner wertvoller Bauten beklagenswert ist. Das historistisch geprägte Stadtbild von Wien ist mit großen Opfern an barocker und klassizistischer Substanz bezahlt worden; die hinreissenden Jugendstil-Ensembles von Pest (Stadtteil Budapests) ersetzen ein nur mehr in Resten vorhandenes klassizistisches Stadtbild von besonderer Qualität; das alte höchst romantisch-malerische Judenviertel in Prag mußte einem späthistoristisch-sezessionistischen Viertel weichen, das durchaus eine Bereicherung des Prager Stadtbildes ist; das großartige barocke Rom hat das mittelalterliche Rom weitgehend zum Verschwinden gebracht.
Was die grauenhafte, fast überall zu beobachtende Stadtzerstörung des 20. Jahrhunderts ausmacht, ist der Hass gegen die traditionelle Stadt und ihre Architektur, die moderne Architekten dazu bringt, das "ganz Andere" zu wollen, anstatt die urbanen Traditionen zu respektieren und weiterzuentwickeln. Unser Anliegen sollte es daher sein, für ein gutes neues Bauen zu kämpfen, das die Traditionen der europäischen Stadt weiterführt (wie es z.B. die Patzschkes versuchen). Wird aber beim Neubau in einer Stadt wie Moskau die Tradition respektiert ("Die Moskauer Bauherren schaffen im Verein mit der Stadtverwaltung Ersatz, indem sie Neubauten mit historisierendem Fassadendekor schmücken"), dann muß das kein Schaden für die Stadt sein, auch dann, wenn der Verlust alter Bausubstanz beklagenswert ist. Ob das für Moskau tatsächlich zutrifft, kann ich mangels Bildmaterial nicht beurteilen.
Oliver
Senior-Mitglied

Beiträge: 491


 

Gesendet: 02:47 - 05.05.2004

Hier noch ein paar Bilderchen:

Hotel Moskwa (2003 abgerissen)
[Link zum eingefügten Bild]
Copyright http://twoday.net

weitere Infos hier:http://www.br-online.de/politik/ausland/themen/09383/
und hier:http://www.weltfoto.com/moskau/tracht.html

Manege (liegt am gleichen Platz, abgebrannt)
[Link zum eingefügten Bild]
Copyright Uni Leipzig

Hier kann man die direkte Nachbarschaft zum Kreml gut erkennen(von Hotel Moskwa und Manege):
http://hotelmoscow.muar.ru/images/view/11-4711.jpg

weitere Bilder:
Aussenansichten
http://hotelmoscow.muar.ru/view/view.htm
Innenansichten
http://hotelmoscow.muar.ru/interiors/interiors.htm
Hans-Dominik Schwabl
Mitglied

Beiträge: 120


 

Gesendet: 14:21 - 05.05.2004

Ein besonders sensibler Nachbarbau zum Kreml ist das Hotel Moskwa trotz manchen reizvollen Details nicht gewesen, vor allem seine Silhouette war eher klobig.
Oliver
Senior-Mitglied

Beiträge: 491


 

Gesendet: 15:59 - 05.05.2004

Hier noch das Geschäft Detskiy Mir,
welches auch abgerissen werden soll:

[Link zum eingefügten Bild]
Copyright http://www.peru.ru

Hotel Peking
[Link zum eingefügten Bild]
Copyright http://www.jdmercury.com.pl/eur_wsch/Rosja/Moskwa/Pekinen.htm
hier auch weitere Bilder (auch innen )
hier noch bei Nacht:
http://images.google.de/images?q=tbn:hMC5lHfYba0J:www.orc.ru/~gsopro/pekin.jpg

patriot3
Stammgast

Beiträge: 51


 

Gesendet: 20:59 - 05.05.2004

Darüber wird heute auch in den Tagesthemen berichtet
22:30 Ard
Dirk1975
Moderator

Beiträge: 435


 

Gesendet: 04:09 - 06.05.2004

"Die Moskauer Bauherren schaffen im Verein mit der Stadtverwaltung Ersatz, indem sie Neubauten mit historisierendem Fassadendekor schmücken"

Das Hotel Marriott Royal Moskau:

[Link zum eingefügten Bild]

Aus der Ferne wirkt es wie ein gründerzeitliches Gebäude, es wurde jedoch 1998 gebaut.

Bei näherer Betrachtung weist es einige Schwächen auf, so z.B. mittendrin eine glatte Lochfassade ohne Plastizität mit schmucklosen Fenstern und zuviel leerer Fläche, was gar nicht zu den anderen historisierenden Gebäudebereichen passt.
Insgesamt wirkt hier die Gestaltung mit Erkern und Türmchen doch eher wie das Bedienen eines oberflächlichen Bedürfnisses nach etwas beliebigem Prunk, eine unverhohlene schnelle Verpackung mit etwas Kommerz-Klassik, im Unterschied beispielsweise zum Hotel Adlon und anderer Bauten von Patzschke, wo der Architekt wirklich um eine neue Interpretation historischer Vorbilder bemüht war und sich nicht einfach wahllos stereotyper Erscheinungsmerkmale bedient hat.

[Link zum eingefügten Bild]
Hans-Dominik Schwabl
Mitglied

Beiträge: 120


 

Gesendet: 16:27 - 06.05.2004

Ich stimme dieser Kritik voll zu und auch der Einschätzung der Patzschkes! Diese Kritik trifft aber auch auf die meisten Stalinzeit-Gebäude zu, im Gegensatz zum Historismus des 19. Jahrhunderts.
Pilaster
Stammgast

Beiträge: 97


 

Gesendet: 10:22 - 22.05.2004

Wie ich hoere entsteht neben dem Kreml ein Parkhaus.

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