Foto: Franziska Giffey, über dts Nachrichtenagentur
Berlin (dts Nachrichtenagentur) – Der geplante Machtwechsel an der Berliner SPD-Spitze vom Regierenden Bürgermeister und SPD-Chef Michael Müller an Familienministerin Franziska Giffey und Fraktionschef Raed Saleh ist nach Ansicht des ehemaligen Neuköllner Bezirksbürgermeisters Heinz Buschkowsky (SPD) folgerichtig, aber mit Risiken behaftet. Er glaube, dass Giffey als Spitzenkandidatin bei den nächsten Wahlen einen Stimmenzuwachs generieren könne, sagte Buschowsky der „Welt am Sonntag“. „Als Sympathieträgerin stellt sie gegenüber Müller einen Quantensprung dar. Sie kommt ohne Zweifel in der Bevölkerung gut an. Ob es aber reicht, den Riesenabstand zu den Grünen zu egalisieren, wage ich zu bezweifeln.“
Auch an Giffeys sicherer Verankerung im SPD-Landesverband hat Buschkowsky Zweifel. „Frau Giffey ist in ihrer politischen Grundausrichtung mehr dem realen Leben zugeneigt als ideologischen Phantastereien. Sie und die Mehrheit der Berliner SPD passten eigentlich nicht wirklich zueinander.“ Es werde jetzt aber „einen Moment des taktischen Stillhaltens“ geben. „Die Partei weiß genau, dass es einem Harakiri gleichkäme, wenn sie auch ihre letzte Hoffnungsträgerin platt macht.“ Giffey werde aber „schier übermenschliche Dompteur-Kompetenzen“ benötigen, den Landesverband zu bändigen. Ihr Pakt mit Raed Saleh sei „strategisch und taktisch geschickt, um ihr Mehrheiten und fehlenden Stallgeruch zu verschaffen“, sagt Buschkowsky: „Giffey und die Berliner SPD – das ist keine Liebesheirat. Es ist eine Zweckehe. Sie will ihren nächsten Karriereschritt und die Parteifunktionäre wollen ihre Jobs nicht verlieren.“ Er vermute, Saleh sehe sich bereits als eigentlichen Strippenzieher der Regierenden Bürgermeisterin. Doch damit könne er sich verheben, warnt Buschkowsky: „Giffey wird niemals zulassen, dass Saleh ihr ebenbürtig begegnet. Sie wird sich von ihm nicht zur Marionette machen lassen.“ Und wenn Giffey verliert? Ihrem persönlichen Weg werde eine Niederlage nicht schaden, glaubt Buschkowsky. Die Personaldecke der SPD sei dünn. „Eine Märtyrerin wird überall gebraucht und ein Streifen mehr am Ärmel hat noch nie geschadet.“ Den Rückzug Michael Müllers begrüßt Buschkowsky. Stil hätte es aber gehabt, „konsequent reinen Tisch“ zu machen und auch das Regierungsamt niederzulegen, kommentiert er. „Einen staatsmännischen, würdevollen Abgang hat er vergeigt.“ Müller sei schon seit geraumer Zeit glanzlos und ohne Fortune. Sein ganzer Senat dümpele seit Jahren im schwachen Mittelmaß, Rot-Rot-Grün ergehe sich im Ideologieeifer. „Aber wenn ein Bürger zum Standesamt geht, eine Geburtsurkunde will oder einen Hochzeitstermin braucht, steht er ab Sonnenaufgang an oder auch mit leeren Händen da“, so Buschkowsky. „Von den wahren Alltagssorgen der Bürger hat sich der Senat weit entfernt. Sie sind kein politisches Datum mehr“, sagt er. „Wenn sich solch ein Entfremdungsprozess über Jahre hinzieht, führt das zum Zug der Lemminge. Die Berliner SPD hat fertig.“