Foto: EZB, über dts Nachrichtenagentur
Frankfurt/Main (dts Nachrichtenagentur) – Der Streit um das Urteil des Bundesverfassungsgerichts gegen das Anleihenkaufprogramm PSPP der Europäischen Zentralbank (EZB) ist entgegen von Verlautbarungen aus Bundesregierung und Bundestag nicht beigelegt. Dieser Ansicht ist einer der Kläger, der frühere CSU-Vizechef Peter Gauweiler: Er kenne die von der EZB zur Verfügung gestellten Unterlagen nicht und könne sich deshalb kein Urteil bilden, sagte Gauweiler der „Süddeutschen Zeitung“ (Mittwochsausgabe). „Es ist noch keine Entscheidung getroffen. Ich warte zuerst auf die Fakten.“
Gauweiler will am Bundesverfassungsgericht Akteneinsicht beantragen, um die von der EZB offengelegten Dokumente zu prüfen. „Dann werden wir sehen, ob die Voraussetzung erfüllt ist, dass die Bundesbank sich weiter an dem Aufkaufprogramm beteiligen darf.“ Sollten die Unterlagen das Urteil nicht erfüllen, werde er dessen Vollstreckung beantragen, sagte der Rechtsanwalt. „Der Bundesbank wird dann untersagt, sich weiter an den Anleihenkäufen zu beteiligen.“ Von einer weiteren Klage gegen das neue, wegen der Pandemie aufgelegte Aufkaufprogramm der EZB (PEPP) hat Gauweiler bisher abgesehen, obwohl er es für „noch problematischer“ hält als das frühere, „weil die EZB nicht mehr entsprechend der Anteile des Staaten am Eurosystem aufkauft“. Eine Klage macht er davon abhängig, wie Bundestag und Bundesregierung jetzt gegenüber Karlsruhe auftreten. „Daran wird man sehen, wie ernst sie die Haushaltsautonomie des Parlaments nehmen.“ Gauweiler hatte im Jahr 2016 Verfassungsbeschwerde gegen PSPP eingereicht, weil die EZB mit dem massenhaften Aufkaufen von Staatsanleihen ihr Mandat überschreite. Der Europäische Gerichtshof hatte das EZB-Programm im Jahr 2018 für rechtens erklärt. Die deutschen Richter hatten sich nicht an dieses Urteil gebunden gefühlt und Anfang Mai 2020 befunden, dass das Aufkaufprogramm massive wirtschaftliche Auswirkungen habe.