Foto: Konzentrationslager Auschwitz, über dts Nachrichtenagentur
Berlin (dts Nachrichtenagentur) – Lehrer, Historiker und jüdische Organisationen beklagen, dass Rechtsradikale und Geschichtsrevisionisten in Deutschland immer unverfrorener auftreten. Der Leiter der Gedenkstätte Buchenwald, Volkhard Knigge, sagte der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“, dass es zunehmend menschenverachtende Einträge in den Gastbüchern gebe. „Das reicht von den knappsten Formen des Bekenntnisses in Form einer 88 bis zu deutlicher ausformulierten Ansichten.“
Habe man früher mit Holocaust-Leugnern zu kämpfen gehabt, treffe man heute auf Holocaust-Befürworter. Besonders erschüttert habe ihn ein eingeritztes Hakenkreuz auf einem der Leichenwagen, mit denen Erschossene ins Krematorium gebracht worden sind. „Hakenkreuzschmierereien hat es immer gegeben, aber jetzt rücken sie ins Herz vor“, sagte Knigge. Neben dem rechtsextremen Antisemitismus sind Fachleute auch wegen Judenhass von links, etwa in der BDS-Bewegung, sowie wegen muslimischem Antisemitismus besorgt. „Der israelbezogene Antisemitismus explodiert“, sagte Remko Leemhuis vom American Jewish Committee in Berlin der FAS. Der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, berichtete in der FAS von Kollegen an Schulen mit hohem Migrationsanteil, die sich nicht mehr trauten, den Holocaust-Film „Schindlers Liste“ zu zeigen. In der Vergangenheit hätten die Diskussionen oft vom Thema weg hin zur israelischen Politik geführt. Immer wieder komme das Argument von Muslimen: „Da haben die Deutschen mit den Juden gemacht, was die Israelis heute mit uns machen.“ Viele Lehrer seien überfordert. Um die Gedenkstätten fit für die Zukunft zu machen, forderte der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, mehr Geld. Die Stätten seien „zunehmend mit Besuchern konfrontiert, die schlecht vorbereitet kommen, einen veränderten Medienkonsum mitbringen und für die das Geschehen in weiter Ferne liegt“, sagte Schuster der FAS. Auch Felix Klein, Antisemitismus-Beauftragter der Bundesregierung, beklagte in der Sonntagszeitung eine voranschreitende Verrohung des Diskurses, „der zu antisemitischen Taten führt“. Klein plant deshalb einen nationalen Aktionsplan gegen Antisemitismus. Der sieht vor, Lehrer zu schulen, Curricula und Schulbücher zu überarbeiten. Außerdem solle der Besuch in einer Gedenkstätte zur Pflicht werden: „Jeder Schüler sollte einmal in einer KZ-Gedenkstätte gewesen sein.“