Duisburg – Die Polizeiführung hat bei der Duisburger Loveparade, die 21 Tote und Hunderte Verletzte forderte, offenbar gravierende Fehler gemacht. Das geht nach Informationen des „Spiegel“ aus einem mehr als 400 Seiten starken Bericht der Staatsanwaltschaft Duisburg vom Januar 2011 hervor. Den Ermittlungen zufolge waren im Zugangsbereich des Partygeländes, wo Besucher zu zehntausenden durch einen engen Tunnel laufen mussten, lediglich zwei Hundertschaften der Bereitschaftspolizei zur Sicherung eingeplant, die sich am Nachmittag der Techno-Parade ablösen mussten.Dieser – ursprünglich nicht vorgesehene – Schichtwechsel war notwendig geworden, nachdem das Düsseldorfer Innenministerium wenige Wochen vor der Loveparade per Erlass bestimmt hatte, die Dienstzeit der eingesetzten Beamten auf maximal zwölf Stunden zu begrenzen, inklusive An- und Abreise. Die Änderung des Einsatzbefehls sorgte polizeiintern für scharfe Kritik. Wie aus Aktenvermerken hervorgeht, wurde im Vorfeld wiederholt vor den Konsequenzen eines Schichtwechsels gewarnt. Die geplante Ablösezeit am Nachmittag falle in die „kritische Einsatzphase“ der Loveparade, in der man dann nur „eingeschränkt handlungsfähig“ wäre. Die Kräfte könnten in dem Gedränge nur unter großen Schwierigkeiten ihren Einsatzort erreichen; für zwei Stunden könne nicht garantiert werden, dass polizeiliche Aufgaben ordnungsgemäß erfüllt würden. Genau diese Probleme traten später auch ein: Bereits während des Schichtwechsels eskalierte die Lage im Zugangsbereich; erst mehr als eine Stunde später stoppte die Polizei den ungebremsten Zulauf in den Tunnel, der letztendlich zu der tödlichen Massenpanik führte. Zudem hatte die Polizei nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft größere Kommunikationsprobleme als bislang bekannt. Immer wieder, so erklärten Beamte bei Vernehmungen, seien am Tag der Loveparade ihre Funkgeräte ausgefallen. Auch mit dem Handynetz habe es große Probleme gegeben. Nur ein „verschwindend geringer“ Teil der Polizeihandys, so heißt es in einem Auswertungsvermerk, sei zuvor bei der Bundesnetzagentur für eine Vorrangschaltung angemeldet worden, die eine Kommunikation der Polizei auch in überlasteten Netzen ermöglicht hätte. Das Innenministerium wollte sich gegenüber dem „Spiegel“ nicht zu den Vorwürfen äußern, „um den Erfolg des laufenden Ermittlungsverfahrens nicht zu gefährden“, wie ein Sprecher erklärte. [dts Nachrichtenagentur]
Vorheriger ArtikelKretschmann nennt Bedingungen für Atomendlager in Baden-Württemberg
Nächster Artikel SMS-Versand erreicht neuen Rekord
News Redaktion
Die unabhängige News-Redaktion filtert die Nachrichten des Tages, ordnet Hintergründe ein und verschafft wichtigen Themen die nötige Aufmerksamkeit. Wir arbeiten frei von Einflüssen Dritter – ohne Konzern-Beteiligung, Fördermittel und Kredite. - mehr
MEHR ZUM THEMA