Deutsche Sicherheitsbehörden und die Bundeswehr haben keinerlei Hinweise auf den Verbleib von mindestens 105 Dienstwaffen.
Berlin (dts Nachrichtenagentur) – Das ergibt eine Auswertung der „Welt am Sonntag“, die auf der Grundlage zahlreicher Behördenanfragen erfolgt ist. Mehr als die Hälfte der Verlustfälle (58) in den vergangenen zehn Jahren sind bei der Bundeswehr zu verzeichnen.
Ermittlungen verlieren meist ergebnislos
Am häufigsten fehlen dort halbautomatische Pistolen vom Typ P8, das Schnellfeuergewehr G3 und das Sturmgewehr G36 des Herstellers Heckler & Koch. Bei den Polizeien der Länder sind 35 Dienstwaffen spurlos verschwunden. Bundespolizei, Bundeskriminalamt (BKA) und Zollverwaltung vermissen zwölf Dienstpistolen. Interne und staatsanwaltschaftliche Ermittlungen, sofern bekannt, verliefen meist ergebnislos. Die Zahl wäre noch höher, wenn nicht verschwundene Waffen in Einzelfällen wieder aufgetaucht wären. Die innenpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Irene Mihalic, forderte, den Verlust von Waffen ernst zu nehmen. Sie verwies auf die Gefahr durch Rechtsextremisten.
„Niemand mag sich vorstellen, was passiert wäre, wenn der Täter von Halle eine solche Waffe zur Verfügung gehabt hätte“, sagte Mihalic der „Welt am Sonntag“. Bei dem Anschlag 2019 hatte ein Mann zwei Menschen erschossen. Der FDP-Innenpolitiker Benjamin Strasser nannte das Verschwinden von mehr als 100 Waffen in den vergangenen zehn Jahren „ein heikles Thema, das von der Bundesregierung viel zu stiefmütterlich behandelt wird“. In der Vergangenheit habe man mehrfach feststellen müssen, dass diese Waffen am Ende bei politischen Extremisten gelandet seien, gab auch er zu bedenken. Die Innenexpertin der Linke-Fraktion, Martina Renner, hält „das offensichtliche Versagen der bisherigen Kontrollmechanismen“ für „besorgniserregend“.
Sie erinnerte an die zuletzt bekannt gewordenen rechten Netzwerke bei Polizei und Bundeswehr. Die Innenexpertin forderte „Dienstvorschriften, die regeln, dass jede abhandengekommene Waffe notwendig eine Strafanzeige zur Folge hat“. Für die Analyse der „Welt am Sonntag“ wurden Polizeibehörden sämtlicher Bundesländer und des Bundes, der Zoll sowie die Bundeswehr abgefragt. Gleichzeitig wurden Antworten auf parlamentarische Anfragen und interne Aufstellungen der Bundesregierung ausgewertet.