Darmstadt (dts Nachrichtenagentur) – Psychiater Michael Huppertz sieht in den Corona-Maßnahmen nicht unbedingt eine Gefahr für das psychische Wohlbefinden. „Für manche ist die aktuelle Situation durchaus eine Katastrophe, für die meisten aber eher nicht“, sagte er dem Nachrichtenportal Watson. Ob der Lockdown Menschen belaste, hänge von den Lebensumständen des Einzelnen ab.
„Kämpfe ich etwa mit existenziellen Ängsten, weil ich meinen Job verliere oder verlieren könnte, habe ich wenig soziale Kontakte, lebe ich allein, dann kann mich die derzeitige Situation sehr belasten“, so der Psychiater. „Lebe ich aber in einer Wohngemeinschaft und bin finanziell abgesichert, sieht es wieder anders aus.“ Wenn sich die Situation auf die Psyche auswirkt, kann sich das laut Huppertz durch verschiedene Anzeichen zeigen. Grübeln, also das „Nachdenken über die Zukunft, ohne auf ein positives Ergebnis zu kommen“, sei eines davon. Weitere Anzeichen könnten Schlafstörungen und Freudlosigkeit sein.
Sollten „Sorgen den Alltag bestimmen, wird ein Gespräch nötig“, sagte der Psychiater. Er empfiehlt, mit einem Hausarzt zu sprechen oder einen Notfalltermin bei einem Psychologen zu machen. Wer zu schweren Depressionen neige, dem gehe es aber nicht automatisch schlechter, wenn er sich wegen des Lockdowns einschränken müsse. Gerade für solche Menschen könnten „gute Umstände belastender sein als schlechte“, sagte er. „Sind die Menschen um sie herum glücklich, etwa bei einer Weihnachtsfeier, und sie nicht, fühlen sie sich schlechter. Deshalb müssen Krisenzeiten nicht zwangsläufig schwere psychische Erkrankungen befeuern.“ Allerdings könnten derzeit leichtere psychische Erkrankungen wie Angststörungen oder Zwangserkrankungen zunehmen.