Berlin (dts Nachrichtenagentur) – Seit Monaten gibt es offenbar tiefe Meinungsverschiedenheiten zwischen einigen Landesverfassungsschutz-Ämtern, die für eine härtere Gangart gegenüber der AfD plädieren, und dem Bundesamt für Verfassungsschutz unter der Leitung von Hans-Georg Maaßen. Es geht um die Frage, ob einzelne Teile der Partei geheimdienstlich beobachtet werden sollten, weil sie extremistisch ausgerichtet oder von Extremisten unterwandert sind. Von einer „Hinhaltetaktik“ sprechen manche Spitzenbeamte in den Bundesländern gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“.
„Der Bund steht auf der Bremse.“ Seit einem guten Jahr sei zwischen dem Bundesamt und den 16 Landesämtern vereinbart, dass man eine gemeinsame Linie im Umgang mit der AfD suchen und dann möglichst koordiniert vorgehen wolle, bestätigten mehrere Verfassungsschutzchefs der Länder. Jedoch gehe wenig voran. Das Bundesamt habe von allen Landesämtern eine Stoffsammlung über die AfD angefordert. So sollen die Erkenntnisse zusammengeführt werden, die Landesämter sollen eine „Gesamtschau“ erhalten, auf deren Grundlage sie eine Entscheidung zum Umgang mit der AfD treffen können. Einige Länder wie Niedersachsen beklagten zuletzt jedoch angeblich, dass das Bundesamt sich dabei zu viel Zeit lasse. Deshalb waren Niedersachsen und Bremen am Montag schließlich alleine vorgeprescht und hatten angekündigt, dass sie fortan die AfD-Nachwuchsorganisation Junge Alternative (JA) als extremistisch beobachten wollen – ohne Maaßens Bundesamt vorher überhaupt in Kenntnis zu setzen. Das Bundesamt wurde davon überrascht, was als sehr ungewöhnlich gilt.
Die Behörde von Hans-Georg Maaßen hält daran fest, dass „derzeit“ keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine Beobachtung der AfD oder ihrer Gliederungen durch den Verfassungsschutz vorlägen, man die Lage aber fortlaufend weiter prüfe. Gleichzeitig reagierte das Bundesamt nun auf die intern geäußerte Kritik. Auf Initiative des Bundesamts sollen die Fachleute aus Bund und Ländern Ende November oder Anfang Dezember zusammenkommen und ihre Erkenntnisse über neurechte Gruppierungen wie die Kampagne „1 Prozent“, aber auch über die AfD austauschen. Eine entsprechende Einladung sei am Montag an die Länder ausgesprochen worden, heißt es in Sicherheitskreisen.
Neben Bremen und Niedersachsen haben in den vergangenen Tagen auch bereits die Verfassungsschutzämter in Hamburg und Bayern angedeutet, dass sie die AfD verstärkt in den Blick nehmen. In Hamburg sagte ein Sprecher des Landesamts am Mittwoch, der Verfassungsschutz nehme „aufmerksam zur Kenntnis“, dass bei einer dortigen Merkel-muss-weg-Demonstration bekannte Rechtsextremisten gemeinsam mit AfD-Funktionären agieren würden. In Bayern beobachtet der Verfassungsschutz zwar nach eigenen Angaben weiterhin keine Gliederungen der Partei, jedoch eine „niedrige zweistellige Zahl von Einzelpersonen“ aus der AfD. Nach den Ausschreitungen in Chemnitz wolle man nun noch intensiver prüfen, wie AfD-Funktionäre sich zu Gewalt positionierten, hieß es in München.