Bochum (dts Nachrichtenagentur) – In der aktuellen Auseinandersetzung um eine Entlastung der Betriebsrenten kommen neue Vorschläge aus dem Lager der Krankenkassen. „SPD und Union liefern sich bei diesem Thema seit Monaten ein unwürdiges Schauspiel“, sagte der Vorstandschef der Krankenkasse Viactiv, Reinhard Brücker, dem „Handelsblatt“ (Mittwochsausgabe). „Die hohe Beitragsbelastung der Betriebsrentner hätte man längst anpassen müssen“, so der Viactiv-Kassenchef weiter.
Er reagierte damit auf einen Gesetzentwurf von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), den er Anfang der Woche an das Kanzleramt und betroffene Ministerien verschickt hatte. Danach soll die Beitragsbelastung auf Betriebsrenten halbiert werden. Von den erwarteten Beitragsausfällen in Höhe von drei Milliarden Euro sollen 2,5 Milliarden Euro über einen höheren Steuerzuschuss an die Krankenkassen finanziert werden. „Wir halten es in der Tat für erforderlich, dass die bei den Kassen entstehenden Einnahmeausfälle vollständig gegenfinanziert werden“, sagte Brücker.
Dies müsse aber nicht zwangsläufig über einen höheren Steuerzuschuss geschehen. Es gebe auch andere Stellschrauben. So zahle die Bundesagentur für Arbeit seit Jahren zu niedrige Krankenkassenbeiträge für Arbeitslose. „Bis 1994 orientierte sich die Höhe der Beiträge für Empfänger von Arbeitslosengeld I sachgerecht am zuletzt erzielten Arbeitsentgelt. Seither wurde die Bemessungsgrundlage der Beiträge schrittweise gesenkt“, so der Viactiv-Kassenchef weiter. Noch gravierender sei die Situation bei Hartz-IV-Empfängern. Hier zahle der Bund nur eine Pauschale von rund 100 Euro pro Kopf. Dies decke kaum mehr als ein Drittel der tatsächlich anfallenden Kosten.
„Würde man auch diese Fehlentscheidungen der Vergangenheit korrigieren, könnten die Krankenkassen die Beitragsausfälle bei den Betriebsrenten leicht verkraften“, sagte Brücker dem „Handelsblatt“. Genügend Geld sei vorhanden. „Die Bundesagentur für Arbeit verfügt derzeit nach einem Überschuss von 6,2 Milliarden Euro im vergangenen Jahr über Rücklagen in Höhe von 23,5 Milliarden Euro“, so Brücker weiter.