Foto: Passagiere an einem Bahnhof, DB AG/ Heiner Müller-Elsner, über dts Nachrichtenagentur
Berlin (dts Nachrichtenagentur) – Nach Problemen bei der ICE-Flotte und der S-Bahn Berlin gerät die Deutsche Bahn nach Informationen der Tageszeitung „Die Welt“ nun bundesweit im Regionalverkehr unter Druck. „Seit dem Wintereinbruch häufen sich Ausfälle und Verspätungen. Und nicht nur der viel thematisierte Fernverkehr, sondern vor allem der Personennahverkehr ist von zum Teil massiven Qualitätsproblemen betroffen“, heißt es in einem Positionspapier der Bundesarbeitsgemeinschaft Schienenpersonennahverkehr (BAG SPNV), die für die Länder und Verbünde spricht.„Wir haben eine Situation, die so nicht mehr zu akzeptieren ist“, sagte Niedersachsens Verkehrsminister Jörg Bode (FDP) der „Welt“. Die Verbünde kündigten Konsequenzen an. „Wir denken über zusätzliche Strafzahlungen nach, die über die bestehenden Pönalen hinausgehen“, kündigte ein Sprecher der Verkehrsservicegesellschaft Schleswig-Holstein (LVS) gegenüber der Zeitung an. Das Ausmaß der Störungen im Regionalverkehr überrascht Verkehrsverbünde und Landesregierungen gleichermaßen. Man sei „massiv verärgert, da sich das System Schiene sich trotz der Erfahrungen des letzten Winters seit nunmehr fünf Wochen erneut als sehr störungsanfällig präsentiert, heißt es bei der BAG SPNV. „Wir hatten auf drei Strecken Engpässe, Oberammergau zum Beispiel ist seit drei Wochen nicht per Zug erreichbar“, sagt Fritz Czeschka, Geschäftsführer der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG), die die Aufträge an Bahnunternehmen im Freistaat vergibt. Der Verkehrsverbund Oberelbe (VVO) meldet, dass das sächsische Hoyerswerda über Tage nicht angefahren werden konnte. „Nach Angaben der Bahn fehlte es an E-Lokomotiven, Wagen und Werkstattkapazitäten. Das Unternehmen hat einfach nicht genug Reserven“, sagt ein Sprecher des VVO. „Probleme in diesem Ausmaß hat übrigens nur die Deutsche Bahn. Das private Bahnunternehmen in unserem Verbund fährt zuverlässiger“, heißt es beim VVO. Schleswig-Holstein kämpft dagegen mit Störungen bei allen Betreibern. „Es gab Komplettausfälle, sowohl bei der privaten Nord-Ostsee-Bahn, als bei der Deutschen Bahn“, sagt ein Sprecher der Verkehrsservicegesellschaft des Landes (LVS). „Die Fahrzeuge der betroffenen Bahnen haben sich als nicht wintertauglich genug erwiesen.“ Nach Angaben der LVS fehlt es bei der DB zudem an Wartungskapazitäten. Die Folge: Zeitweise war bei der Deutschen Bahn nur rund die Hälfte der sonst üblichen 33 Triebwagen zwischen Kiel und Lübeck einsatzbereit. Das Unternehmen hatte daraufhin jeden zweiten Zug gestrichen. Die Verbünde beklagen zudem, dass die Fernzüge der Bahn bestehende Probleme im Regionalverkehr zusätzlich verschärften. „Wenn um acht Uhr morgens eine Welle von Fernzügen mit Verspätung unsere Region erreicht, hat das sofort Auswirkungen auf den Regionalverkehr“, sagt Thomas Ressel, stellvertretender Geschäftsführer des Zweckverbandes Ruhr-Lippe (ZRL). „Dann sinkt die Pünktlichkeit der Regiozüge mit einem Schlag um 20 Prozent.“ In Brandenburg streicht die Bahn weiterhin eine ganze Reihe Regiozüge aus dem Fahrplan. „Die Bahn hat ohne vorherige Abstimmung mit uns einfach Züge gestrichen. Das kann nicht sein. Wenn ein fahrender Zug wegen der Witterung liegen bleibt, ist das schlimm genug. Wenn Züge aber erst gar nicht auf die Strecke geschickt werden, ist das ein Offenbarungseid“, sagte der Infrastrukturminister des Landes, Jörg Vogelsänger (SPD). Politiker und Fachleute fordern nun schnelle Konsequenzen. Niedersachsens Verkehrsminister Bode geht mit einem ganzen Maßnahmenpaket in die außerplanmäßige Verkehrsministerkonferenz am Montag: „Wir müssen Qualitätsstandards festlegen und unsere Anforderungen an die Bahn genau definieren. Darüber hinaus sollte der Bund überprüfen, ob es Sinn macht, sich von der DB AG eine Dividende von jährlich 500 Millionen Euro zahlen zu lassen“, sagt Bode. Schützenhilfe bekommt er vom Verkehrsexperten der SPD im Bundestag, Uwe Beckmeyer. „Die Dividenden-Pläne müssen vom Tisch. Das Geld ist nötig, um die Bahn wieder flott zu machen.“ Die Bahn will derweil vorerst nichts zu den Regio-Problemen sagen. Vorstandschef Rüdiger Grube werde sich am Montag äußern, hieß es.