Auch an Tag 16 der atomaren Katastrophe im japanischen Fukushima verschlechtert sich die Lage weiter. Entgegen ursprünglichen Beteuerungen des Kraftwerksbetreibers Tepco gerät die Lage am havarierten Atomkraftwerke immer mehr außer Kontrolle. Hatte man in den vergangenen Tagen schon mit hoch-radioaktivem Wasser in den Reaktorgebäuden zu kämpfen, sind nun auch im Ableitungssystem Richtung Pazifik extrem hohe Strahlungswerte im Wasser gemessen worden. Das Wasser ist so verseucht (1.000 Millisievert), dass schon ein kurzer Aufenthalt darin zur akuten Lebensgefahr wird.
17:59 Plutonium im Boden gefunden
Eine Analyse von Bodenproben, die man vor etwa einer Woche gefunden hat, weisen laut Tepco Spuren von Plutonium auf. Die Kraftwerksbetreiber bleibt auch hier konkrete Messergebnisse schuldig. Das wurde bereits mehrfach von seiten der Experten, Medien und Umweltschutzorganisationen kritisiert. Greenpeace nimmt inzwischen gar eigene Messungen zur Einschätzung der Umweltschäden vor, da man den „offiziellen“ Angaben kein Vertrauen mehr schenkt.
Tepco zufolge stammt das Plutonium aus den Brennstäben des Kraftwerks und wurde vermutlich durch das Erdbeben und den Tsunami freigesetzt, der die japanische Küste vor rund zwei Wochen heimsuchte.
In Reaktor 3 des Kraftwerks werden sogenannte MOX-Brennstäbe verwendet, die neben Uran das ungleich gefährlichere Plutonium enthalten. Plutonium hat eine extrem lange Halbwertszeit von etwa 24.000 Jahren und kann daher große Gebiete über lange Zeiträume unbewohnbar machen. Tepco bezeichnete die gefundenen Mengen in einer ersten Stellungnahme allerdings erneut als „gesundheitlich unbedenklich“.
15:50 Explosionen im Atomkraftwerk hätten verhindert werden können
Laut einem Bericht des Onlineangebots der Frankfurter Allgemeinen Zeitung hätten die Wasserstoff-Explosionen im AKW Fukushima verhindert werden können. Das Magazin berichtet, dass eine deutsche Firma den Japanern eine Wasserstoff-Vernichtungsanlage angeboten habe, die in Havariefällen austretenden Sauerstoff unschädlich macht. Tepco habe sich damals aber gegen die Anschaffung einer solchen Anlage entschieden.
14:40 Stark radioaktives Wasser außerhalb des Reaktors
Schon heute morgen hat der Reaktor 2 des havarierten Atomkraftwerks in Fukushima für schlechte Nachrichten gesorgt. Die Regierung geht inzwischen davon aus, dass sich in dem Reaktor eine – zumindest teilweise – Kernschmelze entwickelt hat. Nun ist erstmals außerhalb des Reaktors stark radioaktives Wasser gefunden wurden. Die Messungen in den Kontrollschächten des Ableitungssystems ergaben Werte von rund 1000 Millisievert pro Stunde. Das entspricht ziemlich exakt dem 10-millionen-fachen der natürlichen Strahlung, also eben diesem Messwert, den der Kraftwerksbetreiber gestern zunächst gemeldet und anschließend wieder dementiert hatte.
Zwar will Tepco noch „prüfen“, ob dieses Wasser in Kontakt mit dem Meerwasser des Pazifik gekommen sei. In Anbetracht der Informationsweitergabe Tepcos, die immer einige Zeit hinter den tatsächlichen Ereignissen hinterher zu hinken scheint und meist deutlich harmloser als das wirkliche Ausmaß der Entwicklungen ausfällt, ist davon auszugehen, dass hoch-verseuchtes Wasser direkt in den Pazifik eingeleitet wurde. Die Messpunkte befinden jedenfalls nur wenige Meter von Meer entfernt.
13:10 Atomexperte fordert eingreifen des UN-Sicherheitsrats
Dr. Najmedin Meshkati – ein anerkannter Atomwissenschaftler der Universität von Südkalifornien – hat unterdessen ein Eingreifen der internationalen Staatengemeinde gefordert. Die atomare Katastrophe in Japan sei so gravierend, dass sie das Land nicht alleine stemmen könne. Ein Mandat des UN-Sicherheitsrates sei angesichts der Entwicklungen wichtiger als das für Libyen.
12:15 Einwohner ignorieren Sperrzone um AKW Fukushima
Ungeachtet der Warnungen der Regierung kehren offenbar gerade ältere Bewohner in die Gebiete um den Unglücksreaktor zurück. Das berichten japanische Medien. Dabei hatte die Umweltschutzorganisation Greenpeace erst mit eigenen Messungen die Gefährlichkeit der Strahlung bestätigt und angesichts der hohen Radioaktivität eine Ausweitung der Schutzzone gefordert. Die „Rückwanderungen“ erfolgen den Berichten zufolge vor allem deshalb, weil man den prekären Umständen der Notunterkünfte entkommen wolle.
AKW Fukushima: Regierung bestätigt Kernschmelze
Lange wurde gezweifelt, dementiert und gemutmaßt. Jetzt ist es amtlich – in Reaktor 2 des havarierten Atomkraftwerks Fukushima 1 ist offenbar die Kernschmelze eingetreten. Das räumte heute Regierungssprecher Edano ein.
Eine Kernschmelze entsteht in abgeschalteten Reaktoren – wie denen in Fukushima – dann, wenn die Reaktoren unzureichend gekühlt werden. Auch nach der Abschaltung setzen die Brennstäbe große Wärmemengen frei. (die sog. Nachzerfallswärme) Ungekühlt führt diese Wärmeentwicklung zum Schmelzen der Brennstäbe. Die Gefahr dabei: Geschmolzene Brennstäbe können sich durch den Druckbehälter „fressen“, in den Boden und das Grundwasser eindringen und so zu einer hochgradigen Verseuchung großer Areale führen. Auch eine Explosion des Druckbehälters und eine Freisetzung großer Mengen radioaktiven Materials über die Luft, ist im Falle einer Kernschmelze nicht unwahrscheinlich.
Radioaktives Wasser im Fokus
Das radioaktive Wasser in den Gebäuden des Atomkraftwerks Fukushima 1 steht weiterhin im Schwerpunkt der Rettungsmaßnahmen. Das Abpumpen des stark verseuchten Wassers ist zwingende Voraussetzung für die Fortsetzung der Kühlarbeiten. Am Donnerstag wurden bereits drei Mitarbeiter durch dieses Wasser so stark verstrahlt, dass sie die Arbeiten nicht fortsetzen konnten und sich in ärztliche Behandlung begeben mussten.
Regierung kritisiert Tepco
Die japanische Regierung hat die Betreibergesellschaft des außer Kontrolle geratenen Atomkraftwerks Fukushima 1 für seine Informationspolitik kritisiert. Vorgänge wie am Vortag dürften sich einfach nicht wiederholen, mahnte ein Regierungssprecher. Tepco hatte mit der Veröffentlichung von Messwerten, die den Normalwert um das 10-millionen-fache überschritten, für Aufregung gesorgt und diese Messwerte später mit fadenscheiniger Begründung revidiert. Der korrekte Messwert lag laut Tepco bei etwa dem Zehntausendfachen des Normalwerts.
Die zunächst gemessene Strahlung von 1000 Millisievert hätte bedeutet, dass Menschen innerhalb weniger Stunden so stark verstrahlt werden, dass sie mit hoher Wahrscheinlichkeit innerhalb der nächsten Wochen daran sterben. Mit Symptomen der sog. Strahlenkrankheit ist aber bereits ab einer Dosis von etwa 500 Millisievert zu rechnen. Das entspräche einer Strahlenexposition von einer halben Stunde.