München – Für das Verbot der Zwangsbehandlung von psychisch Kranken hat die Ärztliche Direktorin einer der größten psychiatrischen Kliniken Deutschlands, Margot Albus, den Bundesgerichtshof (BGH) kritisiert. Die Richter hätten „den Patienten keinen Gefallen getan“, sagte die Leiterin des Isar-Amper-Klinikums München dem Nachrichtenmagazin „Focus“. Der Ansatz sei richtig, den natürlichen Willen des Patienten stärker zu berücksichtigen.Da das Gericht jedoch keine Übergangsfristen bis zu einer neuen Regelung eingeräumt habe, sei ein rechtsfreier Raum entstanden, „in dem die Behandlung Schwerkranker quasi unmöglich geworden ist. Das halte ich für hochproblematisch.“ Das größte Problem bestehe nun für Menschen mit Psychosen, die auf Grund ihrer Wahngedanken nicht bereit seien, Medikamente zu nehmen. Es bliebe nichts anderes übrig, als solche Patienten zu entlassen, obwohl diese schwer krank seien. „Da kommt auf die Angehörigen psychisch Kranker einiges zu. Aber auch von der Gesellschaft insgesamt wird mehr Toleranz gefordert sein“, sagte die Professorin „Focus“. Zudem bestehe die Gefahr, dass Erkrankungen häufiger chronifizieren. Die Psychiaterin sieht auch ein Versagen des Gesetzgebers. Er hätte „früher realisieren können, dass hier ein neues Gesetz notwendig ist“. Dass die BGH-Richter so entscheiden würden, sei seit einem Verfassungsgerichtsurteil vom Oktober 2011 absehbar gewesen. „Da wäre nun wirklich Zeit gewesen, ein Gesetz anzugehen.“ Solange keine neue rechtliche Regelung getroffen ist, wird das Isar-Amper-Klinikum München laut Albus „keine Zwangsbehandlung ohne richterliche Genehmigung“ durchführen. „Wir sind bereits dabei, die ersten Patienten zu entlassen. Derzeit seien es „ein bis zwei Patienten pro Tag, die sich nicht behandeln lassen wollten – also mehrere Dutzend deutschlandweit. Albus zu „Focus“: „Ich könnte mir vorstellen, dass durch die breite Berichterstattung nun weitere hinzukommen.“ [dts Nachrichtenagentur]
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