Berlin (dts Nachrichtenagentur) – Nach den Beratungen der Kultusminister an diesem Donnerstag hat die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) den Landesregierungen die Schuld an erhöhten Infektionszahlen unter Lehrern und an absehbaren Schulschließungen gegeben. Sie sei „enttäuscht und verärgert“, dass die Kultusminister „nicht den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts und der Leopoldina gefolgt sind und rechtzeitig auf Wechselunterricht umgestellt haben“, sagte GEW-Chefin Marlis Tepe dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Freitagausgaben). „Nun müssen Schulen geschlossen und offenbar auch die Weihnachtsferien verlängert werden. Mit anderen Worten: Jetzt zahlen die Lehrkräfte sowie die Schülerinnen und Schüler die Rechnung“, kritisierte Tepe.
Das Recht auf Bildung werde eingeschränkt. „Das trifft ganz besonders die Kinder und Jugendlichen, die ohnehin schon benachteiligt sind.“ Die GEW-Chefin forderte die Kultusministerien auf, für einen besseren Gesundheits- und Infektionsschutz zu sorgen und zu ermöglichen, dass die Abstands- und Lüftungsregeln auch in den Schulen eingehalten werden. „Der Infektionstand bei Lehrkräften ist alarmierend“, sagte Tepe. So liege der Inzidenzwert in Sachsen mehr als drei Mal so hoch wie in der Bevölkerung im Freistaat insgesamt. „Die Lehrkräfte müssen jetzt die Zeit bekommen, den Unterricht für verschiedene Szenarien vorzubereiten, damit die Schule im Januar weitergehen kann vom Präsenz- bis zum Distanzunterricht.“ Auch die digitale Infrastruktur der Schulen müsse verbessert und IT-Administratoren eingestellt werden, forderte die Lehrergewerkschaft. „Die Kultusministerien müssen sich von ihrer Fixierung auf Prüfungen und Tests sowie das Durchpauken von Stoffplänen lösen“, sagte GEW-Chefin Tepe dem RND. Für Abschlussklassen müssten die Anforderungen neu definiert werden. „Der Druck, der auf den Schülerinnen und Schülern lastet, muss reduziert werden.“ Die Kultusminister hatten nach den Sommerferien mit Blick auf die Erfahrungen der Schulschließungen im Frühjahr immer wieder bekräftigt, den Präsenzunterricht möglichst aufrechterhalten zu wollen. Diese Linie gerät nun zunehmend in die Kritik. An diesem Donnerstag berieten die Landesminister in einer Videokonferenz auch über die Corona-Maßnahmen vor Ort. In Sachsen wurden wegen der hohen Infektionszahlen bereits für die kommende Woche wieder Schulschließungen wie im März angekündigt. Die Mehrheit der Ministerrunde vertrete weiter die Linie, die Schulen so lange wie möglich offen zu halten.