Brüssel (dts Nachrichtenagentur) – Eine Reihe europäischer Schriftstellerinnen spricht sich dafür aus, den vakant werdenden Top-Posten der Europäischen Union, den des EU-Kommissionschefs mit einer Frau zu besetzen. Für weitere offene Ämter sollten ebenfalls bevorzugt Frauen ins Auge gefasst werden, so der von Jagoda Marinic (Deutschland) und Janne Teller (Dänemark) initiiert Aufruf, der in der „Frankfurter Rundschau“ abgedruckt ist. Unterzeichnerinnen sind Eva Menasse (Österreich), Chika Unigwe (Belgien), Kapka Kassabova (Bulgarien), Slavenka Drakulic (Kroatien), Celine Curiol (Frankreich), Hesna Al Ghaoui (Ungarn), Nora Ikstena (Lettland), Marjolijn Hof (Niederlande), Bronka Nowicka (Polen), Manuela Gonzaga (Portugal), Tanja Tuma (Slowenien), Karolina Ramqvist (Schweden), Joanna Kavenna (Großbritannien) und Sofi Oksanen (Finnland), schreibt die FR. Die Schriftstellerinnen formulieren: „Europa ist stolz auf seine Fortschrittlichkeit. Doch wenn es um die Repräsentation von Frauen in Parlamenten geht“, dann liege die komplette EU noch hinter Ländern wie Ruanda, Mexiko und Bolivien.
Es gilt: „Eine Gesellschaft wird geprägt von jenen, die sie führen.“ Deshalb sei es nun höchste Zeit für den Wandel, Zeit, „die Geschichte der Ungleichheit auf null zu setzen und Parität anzustreben“. In dem Aufruf wird auch an die vom Delors-Institut noch vor der jüngsten Europawahl im Mai initiierte Petition erinnert, in der sich Frauen wie Männer in Führungspositionen in ganz Europa für eine EU-Führung aussprachen, „in der sich Europa wiederfindet. Ganz Europa. Auch Frauen (…) Gleiche Teilhabe liegt in unser aller Interesse.“ Es gehe nicht länger an, dass sich einige noch immer so verhielten, als seien Frauen eine Minderheit. „Frauen und Männer sollten gleichermaßen repräsentiert sein, wenn es um Europas Führung geht.“ Die Schriftstellerinnen konstatieren, dass alle Aufrufe an progressive Kräfte, wählen zu gehen und Parität im EU-Parlament herzustellen, nur ein wenig geholfen habe: „Wir haben 40 Prozent Frauen im Parlament, 286 Sitze von 751. Etwas mehr als die 36 Prozent zuvor.“
Um das auszugleichen, müsse man jetzt in der Kommission eine Frau an die Spitze wählen. Oder besser gleich zwei, drei – „oder warum nicht auch vier oder fünf“? Es sei nun mal an der Zeit, „zum ersten Mal in der Geschichte Europas Frauen den Vortritt zu lassen. Nicht statt ihrer Qualifikation, nicht wegen ihres Geschlechts, sondern gerade weil sie herausragende Qualifikationen für die zu besetzenden Positionen mitbringen.“ Bislang wurde tatsächlich ein Mann als Favorit auf das Präsidentenamt der EU-Kommission gehandelt: Manfred Weber von der CSU. Seine Chancen sehen inzwischen aber schlecht. In den frühen Stunden des Freitags, 21. Juni, ließ Bundeskanzlerin Angela Merkel durchblicken, dass sie wie ihr französischer Partner, Präsident Emmanuel Macron, Zweifel an den bisher zur Auswahl stehenden Kandidaten habe. Man stehe in der Angelegenheit nur „auf halbem Wege“. Macron lehnt Weber klar ab und hat alle Spitzenkandidaten grundsätzlich in Frage gestellt.