Berlin (dts Nachrichtenagentur) – Die Union ist dabei, sich von einem weiteren Kernteil ihrer Programmatik zu verabschieden. So wollen laut Informationen der „Welt“ Partei- und Fraktionsführung von einem Verbot der umstrittenen Präimplantationsdiagnostik (PID) Abstand nehmen, weil sie dafür keine Mehrheit innerhalb der schwarz-gelben Koalition sehen. Doch die FDP dringt sogar auf ein völlig neues „Reproduktionsmedizingesetz“, in dem der Schutz von ungeborenem Leben hinter anderen Anliegen zurückstehen würde.In einem „Positionspapier Reproduktionsmedizin“, das der Zeitung vorliegt, fordert eine Gruppe von FDP-Abgeordneten um die gesundheitspolitische Sprecherin Ulrike Flach die generelle Zulassung der PID „im Falle von genetischen Krankheitsdispositionen“. Im Klartext: „Verwerfung“ des Embryos bei wahrscheinlicher Behinderung. Die rechtliche Grundlage dazu soll ganz neu geschaffen werden. „Wünschenswert wäre eine Regelung im Rahmen eines neuen Reproduktionsgesetzes“, heißt es in dem Papier. CDU und CSU haben sich in ihren Grundsatzprogrammen explizit für ein Verbot der PID ausgesprochen. Dennoch signalisieren Unionspolitiker jetzt Kompromissbereitschaft gegenüber der FDP. „In der Politik tragen wir die Verantwortung nicht nur für stramme Forderungen, sondern auch für das Ergebnis eines politischen Prozesses. Wir müssen also Ziele und Risiken bereits im Vorfeld sehr genau abwägen“, sagt CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe. Nach Informationen der Zeitung sondiert Fraktionschef Volker Kauder (CDU) die Möglichkeit eines Kompromisses. Um den Frontalangriff der FDP auf das Embryonenschutzgesetz abzuwehren, denkt Kauder darüber nach, als Alternative eine Veränderung des Gendiagnostikgesetzes anzubieten. Ein Gespräch darüber soll mit dem Koalitionspartner Ende dieses Monats stattfinden. Die Präimplantationsdiagnostik (PID) ist eine medizinische Methode, bei der im Reagenzglas erzeugte Embryonen vor ihrer Einpflanzung in den Mutterleib untersucht werden. Embryonen, bei denen die Ärzte ein erhöhtes Risiko für Erbkrankheiten vermuten, werden dabei aussortiert. In einigen Ländern wird die PID jedoch auch genutzt, um Merkmale, wie etwa das Geschlecht des Kindes, vor Geburt auszuwählen. In Deutschland galt die PID bisher als durch das Embryonenschutzgesetz verboten. Doch vor drei Monaten kippte der Bundesgerichtshof völlig überraschend diese Rechtsauffassung. Er bestätigte das Landgericht Berlin, das einen Arzt freigesprochen hatte, der PID praktiziert.
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