Die SPD wünscht sich in der nächsten Mindestlohnrunde einen deutlich Schritt nach oben. Das ist aber möglicherweise der falsche Ansatz.
Berlin (dts Nachrichtenagentur) – Die zuletzt leicht gestiegene Zahl an Hartz-IV-Aufstockern darf aus Sicht der SPD nicht folgenlos bleiben. Klaus Barthel, Bundesvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen in der SPD, fordert im Gespräch mit der Huffington Post nun eine Erhöhung des Mindestlohns. „Wir sind auf dem richtigen Weg. Aber es ist ganz wichtig, dass wir nicht bei den 8,50 Euro stehen bleiben.“
Die für die Anpassung der Lohnuntergrenze zuständige Mindestlohnkommission dürfe dem stärker werdenden Druck nicht nachgeben, erklärte Barthel. „Wir brauchen 2017 einen möglichst großen Schritt in Richtung der zehn Euro.“
Zu wenig Kontrolleure
Der stellvertretende Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses geht davon aus, dass noch immer zahlreiche Arbeitgeber gegen den Mindestlohn verstoßen. „Es gibt beim Zoll zu wenige Kontrolleure. Deren Zahl muss aufgestockt werden.“ Das Problem sei, dass Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hunderte Zollbeamte für die Bewältigung der Flüchtlingskrise abgezogen habe.
Mindestlohn reicht in Großstädten nicht zum Leben
Sozialverbände kritisieren schon lange, dass ein Mindestlohn von 8,50 Euro in den meisten deutschen Großstädten wie München, Stuttgart oder Hamburg zu gering ist. Aktuellen Zahlen der Bundesagentur für Arbeit (BA) zufolge erhielten im September 2015 nach den letztverfügbaren Daten 592.215 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte ergänzende staatliche Leistungen in Form von Arbeitslosengeld II. Ein Jahr zuvor, im September 2014, waren es dagegen mit 589.701 etwa 2.500 Beschäftigte weniger. Experten waren davon ausgegangenen, dass die Zahl der Aufstocker, die trotz Arbeit Leistungen vom Staat beziehen müssen, wegen des Mindestlohns eigentlich sinken müsste.
Kommentar:
Der Mindestlohn ist zu unflexibel. Erhöht man ihn auf 10 Euro oder darüber hinaus, scheppert es bei den Arbeitgebern im Osten. Belässt man ihn bei 8,50 Euro, wird es für Arbeitnehmer in westdeutschen Großstädten schwierig.
Orientierung an den Lebenshaltungskosten
Mindestlohn und Sozialleistungen müssen sich an den Lebenshaltungskosten orientieren und die sind in Deutschland nicht homogen verteilt. Die bessere Lösung wäre ein Index der Lebenshaltungskosten, der dann als Multiplikator dient. Die von der Politik präferierte Lösung – ein Angleich der unterschiedlichen Niveaus der Bundesländer – bleibt wohl auch im nächsten Jahrzehnt eine Utopie.
Sebastian Fiebiger
Redaktion