Foto: Tabletten, über dts Nachrichtenagentur
Berlin (dts Nachrichtenagentur) – Mehr als zwei Drittel der Deutschen (69 Prozent) nehmen zusätzlich zu verschriebenen Arzneimitteln noch weitere Medikamente ein – und zwar ohne Rücksprache mit ihrem Arzt. Das geht aus einer Befragung im Auftrag des biopharmazeutischen Unternehmens UCB hervor, über die die „Welt am Sonntag“ berichtet. Insbesondere jüngere Patienten greifen auf zusätzliche Präparate zurück: 76 Prozent der 18- bis 29-Jährigen gaben an, neben rezeptpflichtigen auch noch selbst verordnete Medikamente, wie zum Beispiel Kopfschmerztabletten, geschluckt zu haben.
Einmalig oder kurzfristig sei es in der Regel kein Problem, wenn man trotz Dauermedikation „ab und zu mal eine Schmerztablette nimmt“, sagte der Bremer Pharmakologe Bernd Mühlbauer, Mitglied im Vorstand der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft in der „Welt am Sonntag“. Alltagsarzneimittel würden mit einer gewissen „therapeutischen Breite“ entwickelt, innerhalb derer Wechselwirkungen mit gelegentlich eingenommenen anderen Wirkstoffen wenig Effekte hätten. Ganz anders sehe es jedoch zum Beispiel aus, wenn man nach einer Organtransplantation Immunsuppressiva nehmen müsse und zusätzlich Präparate mit Johanniskraut gegen Depressionen schlucke: „Patienten haben in solchen Fällen schon ihre Transplantate verloren.“ 57 Prozent gaben in der Umfrage außerdem zu, verordnete Medikamente bereits einmal ohne Absprache mit dem Arzt abgesetzt zu haben. Als Grund nannten 27 Prozent von ihnen, dass sie sich besser fühlten und eine Einnahme nicht mehr für nötig hielten. 22 Prozent begründeten den Abbruch mit starken Nebenwirkungen und 14 Prozent erklärten, dass das Medikament ihnen nicht helfe. Pharmakologe Mühlbauer warnte in der „Welt am Sonntag“ eindringlich vor diesem Verhalten. Selbst wenn nach der Einnahme eines Antibiotikums die Symptome verschwunden seien, „es verstecken sich immer noch Bakterien in geheimen Ecken des Körpers“. Vor allem Jüngere handeln laut Umfrage eigenmächtig. Während unter den 18- bis 29-Jährigen zwei von drei Befragten bereits einmal eine medikamentöse Behandlung ohne Rücksprache mit ihrem Arzt abgebrochen haben, kommt das unter den 50- bis 59-Jährigen nur bei knapp der Hälfte vor. Die Jüngeren sind es der UCB-Umfrage zufolge auch, die Informationen zu verschriebenen Medikamenten im Internet recherchieren – und sie danach zu 53 Prozent nicht mehr nehmen. Für die Erhebung wurden 1.000 Bundesbürger befragt.