Berlin – Die Rede von Papst Benedikt XVI. im deutschen Bundestag am 22. September wird nach Ansicht des Freiburger Erzbischofes Robert Zollitsch zum Prüfstein für deutsche Politiker. Im Interview mit dem Nachrichtenmagazin „Focus“ sagte Zollitsch, „die demokratische Grundeinstellung unserer Abgeordneten wird sich an deren Präsenz im Bundestag während der Rede zeigen. Es würde für sich sprechen, wenn jemand aus Protest dieser für unser Land historischen Stunde fern bliebe.“
Für manche Abgeordneten gehöre es offensichtlich zum politischen Alltagsgeschäft, alles zu kritisieren. Er sei dankbar, so Zollitsch, „dass der Ältestenrat des Bundestages mit klarer Mehrheit der Rede zugestimmt hat“. Trotz der Krise der deutschen katholischen Kirche und den zahlreichen Kirchenaustritten ist der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz vom Erfolg des viertägigen Staatsbesuches des Papstes in Deutschland überzeugt.
„Ich bin sehr sicher, dass sich die Menschen, denen der Papst begegnet, freuen und dass sie auch jubeln werden – gerade in Berlin. Und erst recht in Erfurt“ so Zollitsch. Zu jedem bedeutenden Staatsbesuch formierten sich Protestbewegungen. Die wenigen Demonstranten beim Weltjugendtag in Köln 2005 hätten sich „ganz gut in den Medien platziert. Aus wenig wird im Bild und in der Berichterstattung manchmal sehr viel.“ Die 24,9 Millionen deutschen Katholiken lägen dem Papst besonders am Herzen, sagte Zollitsch. Aus seinen Gesprächen der vergangenen beiden Jahre mit dem Papst wisse er, dass diesen die Krise in Deutschland „sehr schmerzt“. „Vor allem haben ihn auch die Missbrauchsfälle erschüttert.“
Bei seinem Besuch ginge es nicht darum, die deutsche katholische Kirche wieder auf Kurs zu bringen. Papst Benedikt komme zu den Menschen in Deutschland: zu Katholiken und anderen Christen, zu Juden und Muslimen, und er wird sich auch an jene wenden, die keiner Religion angehören oder nicht an Gott glauben. Zum Verhältnis von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Papst Benedikt nach deren Kritik an Holocaust-Gegner Williamson sagte Zollitsch, „die Spannungen wurden zwischen der Bundeskanzlerin und dem Papst offen besprochen und sind beigelegt“.
Merkel verfolge mit großer Aufmerksamkeit die Vorbereitungen für die Papstreise. Aber auch schon davor habe er in seinen Gesprächen mit der Bundeskanzlerin immer wieder gespürt, „wie sehr ihr an einem guten Verhältnis zum deutschen Papst gelegen ist“. Auf die Frage, ob man einen Papst dermaßen kritisieren dürfe, antwortete der Erzbischof: „Kritik ist erlaubt. Ebenso ist Verteidigung erlaubt.“ Und er sei froh, „dass diese Debatte vorbei ist“. [dts Nachrichtenagentur]