Berlin (dts Nachrichtenagentur) – Wissenschaftler sowie Politiker von SPD und Grünen wollen handelbare Bebauungsrechte nach dem Vorbild des CO2-Emissionshandels. Damit soll der Flächenfraß gebremst werden, berichtet die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“. Demnach können freie Böden und Wälder Treibhausgase aufnehmen.
Nach Ansicht des Direktors des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, Ottmar Edenhofer, ist Boden daher „weltweit eine absolute Schlüsselfrage beim Klimaschutz im 21. Jahrhundert“. Zertifikate zur Bodennutzung könnten helfen, „den Flächenverbrauch einzuhegen“. Michael Voigtländer vom arbeitgebernahen Institut der Deutschen Wirtschaft sieht hier „ein cleveres Instrument, um den Flächenverbrauch in Deutschland zielsicher zu begrenzen und das Klima zu schützen“. Der Weltklimarat hatte zuletzt darauf hingewiesen, dass eine Fläche von der Größe der Vereinigten Staaten global aufgeforstet werden müsste, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Zusätzlich seien Felder von der Größe Australiens für Energiepflanzen nötig. In Deutschland aber werden nach Angaben des Umweltbundesamtes (UBA) täglich 56 Hektar neu bebaut. Wie das gestoppt werden kann, hat das UBA in einem Versuch mit 87 Kommunen erprobt. Jeder Gemeinde wurde ein Flächenkontingent zugeteilt. Kommunen, die sparten, konnten Baurechte verkaufen. UBA-Präsident Dirk Messner sagte dazu der FAS, im Modell sei das „erfolgreich“ gewesen. Offen bleibe, ob Länder und Kommunen dazu bereit seien. Nach Ansicht des Wissenschaftlers Voigtländer hätte so ein System den Vorzug, dass Gemeinden wählen könnten, wo und was sie bauen wollen. Man brauche damit „keine Verbote von Einfamilienhäusern, weil die Kommunen selbst entscheiden können, ob sie bei Parkplätzen, bei Gewerbegebieten oder bei Wohngebieten Flächen sparen wollen“. Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth (SPD) schrieb der FAS, so ein Konzept könne „den noch immer zu hohen Flächenverbrauch reduzieren“, wenn Länder und Kommunen das wollten. Für die Grünen sagte der bayerische Fraktionsvorsitzende Ludwig Hartmann, Zertifikatehandel sei „der richtige Weg“, um in Bayern den Flächenverbrauch zu senken. Die baden-württembergische Landesvorsitzende Sandra Detzer will „in Modellregionen handelbare Flächenausweisungszertifikate erproben“, und in Schleswig-Holstein spricht der grüne Umweltminister Jan Philipp Albrecht von einem „interessanten Ansatz, um den Flächenverbrauch zu reduzieren“. Oliver Krischer, stellvertretender Grünen-Fraktionsvorsitzender im Bundestag, sieht unterdessen hier „eine Möglichkeit, die intensiv geprüft werden muss“. Kommunen dürften aber nicht überfordert werden.