Der Bundespräsident Christian Wulff redet nicht mit Jedem. ARD und ZDF hat er heute in einem großen TV-Interview allerdings Rede und Antwort gestanden. Wulff räumt Fehler ein, rechtfertigt sich und bemitleidet sich selbst. Ein echter Befreiungsschlag sieht anders aus. Das sehen offenbar auch die meisten Journalisten und Politiker so.
Berlin – Bundespräsident Christian Wulff hat in einem Fernsehinterview schwere Fehler eingeräumt. Im Gespräch mit der ARD und dem ZDF erklärte das Staatsoberhaupt, dass der Anruf bei „Bild“-Chefredakteur Kai Diekmann „ein schwerer Fehler“ gewesen sein, für den er sich entschuldige. Weiterhin sei ein derartiger Anruf mit seinem eigenen Amtsverständnis nicht vereinbar, räumte Wulff ein.
Einen Rücktritt schloss der Bundespräsident allerdings aus. „Ich nehme meine Verantwortung gerne wahr. Ich habe sie für fünf Jahre übernommen und ich möchte nach fünf Jahren eine Bilanz vorlegen, dass ich ein guter, erfolgreicher Bundespräsident war“, sagte Wulff in dem Fernsehinterview. Auch habe er in den vergangenen Wochen große Unterstützung seitens der Bevölkerung erhalten. Der Bundespräsident habe mit dem Anruf die Berichterstattung über seinen Hauskredit überdies nicht verhindern, sondern lediglich um einen Tag verschieben wollen.
Wulff wollte Familie schützen
Den Anruf selbst begründete Wulff auch damit, dass er seine Familie schützen wollte. Wulff bat in dem Gespräch darum, sein Vorgehen menschlich zu verstehen, auch vor dem Hintergrund der Belastungen für seine Familie. Er habe da auch eine Schutzfunktion gesehen. Dies gelte auch für die „Fantasien“, die im Internet über seine Frau, Bettina Wulff, verbreitet würden, so der Bundespräsident.
Kritik von der SPD
Für den stellvertretenden Fraktionschef der SPD, Hubertus Heil, gibt es auch nach dem Interview von Wulff noch offene Fragen. Dass sich der Bundespräsident am Mittwoch den Fragen von zwei Journalisten gestellt habe, sei überfällig gewesen, so Heil. Dennoch reiche dieses Interview nicht aus, da weiterhin offen sei, welches Amtsverständnis ein Bundespräsident habe, der kritische Berichterstattung zu unterbinden versuche.
FDP will Ende der Debatte
Der designierte FDP-Generalsekretär Patrick Döring forderte nach dem Fernsehinterview hingegen ein Ende der öffentlichen Debatte um den Bundespräsidenten.
Linke Lötzsch: Wulff hat gestörtes Verhältnis zur Presse, zur Wahrheit und zum Geld
Die Vorsitzende der Partei Die Linke, Gesine Lötzsch, hat Bundespräsident Christian Wulff vorgeworfen, ein gestörtes Verhältnis zur Presse, zur Wahrheit und zum Geld zu haben. „Das heutige Interview des Bundespräsidenten war kein Befreiungsschlag“, erklärte Lötzsch am Mittwochabend. Noch immer seien viele Fragen offen, während Wulff in seiner Taktik des Aussitzens verharre.„Er hat ein gestörtes Verhältnis zur Presse, zur Wahrheit und zum Geld. Sein Handeln in den vergangenen Wochen hat das Amt und unser Land beschädigt. Bundespräsident Wulff muss jetzt selbst mit sich ausmachen, welche Konsequenzen er zieht“, so Lötzsch weiter. Es komme jetzt auf seinen Charakter an, erklärte die Linken-Vorsitzende. Wulff hatte in einem Fernsehinterview mit der ARD und dem ZDF den Anruf bei „Bild“-Chefredakteur Kai Diekmann bedauert und Fehler eingeräumt, einen Rücktritt allerdings ausgeschlossen. [dts Nachrichtenagentur]
Auch wenn mir das fast körperlichen Schmerz bereitet – dieses Mal muss ich Frau Lötzsch zustimmen. Der Bundespräsident sieht sich als Botschafter für die Pressefreiheit. Wenn es um eigene Interessen geht, tritt er sie aber mit Füssen. Er stellt hohe moralische Ansprüche an seine politischen Gegner, wird ihnen selbst aber nicht gerecht. Das Interview hat gezeigt, dass Wulff sich noch immer als Opfer und nicht als Täter sieht.
Die Deutschen haben einen Bundespräsidenten verdient, der als Vorbild dienen kann. Das ist Christian Wulff nicht. Ich hoffe noch immer auf seinen Anstand und einen Rücktritt.
Auch Umfragen signalisieren inzwischen eine sinkende Zustimmung für Wulff. Eine Mehrheit spricht sich inzwischen für seinen Rücktritt aus.
Das schreiben Andere zu Christian Wulff:
- Netzpolitik – interessante Debatte zu Sperrfristen in Zeiten digitaler Medien. Netzpolitik hatte vorab einen Audiomitschnitt des Wulff-Interviews veröffentlicht, um auf die Absurdität aufmerksam zu machen.
- Der Westen – Ulrich Reitz schämt sich in seinem Kommentar fremd. Er fand das Interview wenig überzeugend und sieht Wulff in seinen Möglichkeiten als Bundespräsident stark beschnitten.
- Duckhome – Jochen wertet die Wulff-Affäre ausführlich aus und macht sich Gedanken über einen Nachfolger. Sein Fazit: Der Gauck kann es auch nicht.
- MeinPolitikBlog – Julie schreibt einen offenen Brief an Christian Wulff. Getreu dem Twitter-Motto „Not my Bundespräsident“ entzieht sie dem Politiker ihre Anerkennung.
Wulff glaubt anscheinend immer noch er sei unantastbar und könne alles. Nur hat er offenbar in seiner Selbstüberschätzung noch immer nicht bemerkt dass ihn seit seinem unbeholfenen „Islam gehört zu Deutschland“ Spruch in D kaum einer mehr ernst nimmt, im Ausland schon gar nicht. Daher, um so schneller er geht um so besser. Der Imageschaden für das BP-Amt ist bereits schon massiv geschädigt, verhöhnt und missbraucht worden aus egoistischen Gründen von Wullf.