Berlin (dts Nachrichtenagentur) – Nach dem Protest vor dem Reichstag warnt der stellvertretende SPD-Vorsitzende Kevin Kühnert davor, rechtsextremen Demonstranten zu viel Aufmerksamkeit zu schenken. „Wir sollten nicht den gleichen Fehler machen, den wir in der Vergangenheit schon bei Pegida gemacht haben, dass man sich immer nur denen zuwendet, die am lautesten schreien“, sagte Kühnert in der Sendung „Frühstart“ von RTL und n-tv. „Daraus wird dann auch irgendwann ein Vorbild: Wer am meisten auf den Putz haut, der kriegt die politische Aufmerksamkeit und wird ein bisschen bei der Seele gestreichelt. Mit Nazis spielt man nicht.“
Umfragen zeigten, dass etwa 90 Prozent der Bevölkerung die Corona-Maßnahmen unterstützten oder gar für zu gering hielten. Gleichzeitig forderte Kühnert einen härteren Kurs des Staates. „Mit Rechtsextremisten setzt man sich nicht auseinander, indem man mit ihnen einen Stuhlkreis bietet und darüber redet, was ihre Seelenlage gerade so beschäftigt“, so der SPD-Vize. Die Sicherheitsbehörden müssten sie viel stärker in den Fokus nehmen. Mit Blick auf die Proteste vom Samstag in Berlin sagte Kühnert: „Es sind rechtsradikale Gruppen, die offen proklamieren, einen gesellschaftlichen Umsturz machen zu wollen. Die sagen nicht nur `Sturm auf Berlin`, sondern sie vollziehen es am Ende auch.“ Kühnert sprach sich dafür aus, das Sicherheitskonzept für den Bundestag zu überdenken. Möglicherweise müsse der Bund die Zuständigkeit vor Ort übernehmen. „Es ist ein offenes Parlament. Das soll es auch vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte sein. Aber es darf natürlich nicht in Naivität ausarten. Der Missbrauch des Reichstagsgebäudes als Kulisse für politische Ideologie verbietet sich – und zwar für alle.“ Zu einem neuen Verbotsversuch für die nächste Corona-Demo in Berlin äußerte sich Kühnert skeptisch. Das Demonstrationsrecht sei eines der höchsten Güter. Es in diesem Fall einzuschränken, berge auch noch eine andere Gefahr: „Gerade wenn Menschen auf die Straße gehen, die den Eindruck vermitteln wollen, wir wären hier auf halbem Wege in eine Diktatur, gilt natürlich besondere Vorsicht, ihnen dafür nicht die Stichworte zu bieten.“ Der Juso-Vorsitzende regte an, über andere Orte für solche Demonstration nachzudenken nicht in der beengten Innenstadt, sondern auf großen Freiflächen.