Eine Leitfigur der frühen bürgerlichen Frauenbewegung in Deutschland war die Schriftstellerin, Lyrikerin, Journalistin und Sozialistin Louise Otto-Peters (18191895), geborene Otto. Sie gründete die erste deutsche Frauenzeitung, rief zum ersten Frauenkongress auf und hob den Allgemeinen Deutschen Frauenverein (ADF) mit aus der Taufe. Man nannte sie die Lerche der Frauenbewegung und die Lerche des Völkerfrühlings.
Louise (Luise) Otto kam am 26. März 1819 in der sächsischen Stadt Meißen zur Welt. Ihr Vater war der Jurist Fürchtegott Wilhelm Otto (17761836), der Sohn eines Arztes. Ihre Mutter hieß Christiana Charlotta Otto, geborene Matthaei (17811835), und war die Tochter eines Porzellanmalers und Tanzmeisters der Fürstenschule St. Afra zu Meißen.
Im bürgerlichen und liberalen Elternhaus von Louise Otto wurde viel gelesen und diskutiert auch über Politik und die Rechte der Frauen. Louise besuchte die Schule bis zur Konfirmation, die auf ihren Wunsch um ein Jahr hinausgeschoben wurde, damit sie ein Jahr länger lernen konnte. Mit 16 Jahren verlor sie ihre Eltern. Danach lebte sie mit ihren beiden älteren Schwestern ohne männlichen Vormund oder Vermögensverwalter zusammen. Im Alter von 22 Jahren trauerte sie um ihren verstorbenen ersten Verlobten.
Die junge, schwärmerisch veranlagte Frau beschloss, eine politische Dichterin und Journalistin zu werden. Sie hoffte, so ihre politischen und feministischen Anliegen literarisch verarbeiten zu können. Während einer Reise durch das Erzgebirge wurde sie mit den verheerenden Lebens- und Arbeitsbedingungen von Arbeiterinnen konfrontiert.
Louise Otto erkannte, dass der traditionelle Wirkungsbereich der Frauen mit den umwälzenden Veränderungen der industriellen Revolution untergegangen war. Sie behandelte in ihren sozialkritischen Romanen Ludwig der Kellner (1843) und Schloß und Fabrik (1846) sowie in dem Gedichtband Lieder eines deutschen Mädchens (1847) diese Problematik. Der Roman Schloß und Fabrik wurde von der Zensur verboten, da er ausführlich die Ausbeutung der Klöpplerinnen und das Elend der Heimarbeiterinnen sowie Ungerechtigkeiten beschrieb.
Als 1843 der Politiker Robert Blum (18071848) in den Sächsischen Vaterlandsblättern die Frage nach der politischen Stellung der Frau aufwarf, antwortete Louise Otto im gleichen Blatt mit einem Aufsehen erregenden Leserbrief. Darin vertrat sie die Auffassung: Die Teilnahme der Frauen an den Interessen des Staates ist nicht nur ein Recht, sondern eine Pflicht. Der Leserbrief war mit ihrem Namen gekennzeichnet, während sie frühere sozialkritische Arbeiten mit dem Pseudonym Otto Stern oder ein sächsisches Mädchen signierte.
Zum Politikum entwickelte sich Luise Ottos Veröffentlichung Adresse eines deutschen Mädchens (1848): Darin forderte sie von der bürgerlichen sächsischen Regierung, bei der Organisation der Arbeit die Frauen nicht zu vergessen. In jenem Jahr prägte sie auch den Satz: … die Geschichte aller Zeiten hat es gelehrt und die heutige ganz besonders, daß diejenigen, welche selbst an ihre Rechte zu denken vergessen, auch vergessen wurden.
Am 21. April 1849 gründete Louise Otto in ihrer Heimatstadt Meißen unter dem Motto Dem Reich der Freiheit werb ich Bürgerinnen die Frauen-Zeitung. Abgesehen von zwei anderen, kurzlebigen Gründungsversuchen handelte es sich hierbei um die erste politische Frauenzeitschrift in Deutschland. In diesem wöchentlich erscheinenden Blatt forderte sie eine bessere Bildung, freie Berufswahl und freie Entfaltungsmöglichkeiten für Frauen.
Dagegen wollte Louise Otto die Rolle der Frauen in Ehe und Familie nicht verändern. Frauen wie die französische Schriftstellerin George Sand (18041876) oder die deutsche Feministin Luise Aston (18141871), die sich männliche Eigenschaften aneigneten, bezeichnete sie als Zwitterwesen.
Als 1850 in Sachsen ein Gesetz verabschiedet wurde, das Frauen die verantwortliche Redaktion und Herausgabe einer Zeitschrift verbot, verlegte Louise Otto den Verlagsort der Frauen-Zeitung von Dresden ins thüringische Gera. Sie brachte noch zwei weitere Jahrgänge heraus, ehe 1852 ein ähnliches preußisches Gesetz das endgültige Verbot bedeutete. Für die Herausgabe der Frauen-Zeitung opferte sie ihr väterliches Erbe.
Mit dem Schriftsteller und Publizisten August Peters (18171864), der wegen seiner Teilnahme an den Revolutionskämpfen von 1848/1849 sieben Jahre Kerkerhaft verbüßen musste, verlobte sich Louise Otto im Zuchthaus. 1858 feierten beide ihre Hochzeit. Zusammen mit ihrem Ehemann redigierte Louise bis zu dessen Tod in Leipzig die Mitteldeutsche Volks-Zeitung.
1865 betätigte sich Louise Otto-Peters als Mitbegründerin des Leipziger Frauenbildungsvereins. In jenem Jahr rief sie auch zum ersten deutschen Frauenkongress in Leipzig auf. Bei dieser Veranstaltung gründete sie im Oktober 1865 mit ihren Mitstreiterinnen Auguste Schmidt (18331902) und Marie Löper-Houselle (18371916) den Allgemeinen Deutschen Frauenverein (ADF), der als Dachverband die Interessen von Frauenbildungs- und Erwerbsvereinen bündelte. Die Gründung des ADF gilt als Geburtsstunde der bürgerlichen Frauenbewegung in Deutschland.
In der Satzung des ADF wurde die Arbeit … für eine Pflicht und Ehre des weiblichen Geschlechts erklärt und die Beseitigung aller der weiblichen Arbeit im Wege stehenden Hindernisse gefordert. Louise Otto-Peters leitete 30 Jahre lang den ADF, der bereits 1877 mit etwa 11000 Mitgliedern zu den größten Frauenvereinen gehörte. Der Verein wollte den Frauen das Recht auf Erwerb erkämpfen. Männer konnten nur Ehrenmitglieder sein.
Bis zu ihrem Tod fungierte Louise Otto-Peters als eine der Herausgeberinnen der 14-tägig erscheinenden Zeitschrift Neue Bahnen, die das Organ des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins war. Am 13. März 1895 starb sie im Alter von 75 Jahren in Leipzig. Sie hinterließ etwa 60 Bücher, darunter 28 meistens mehrteilige Romane, Erzählungen, Novellen, Opernlibretti, Streitschriften und Essays.
Am 10. Juni 1900 wurde in Leipzig ein Denkmal für Louise Otto-Peters errichtet, das bis 1925 in den Anlagen des Alten Johannisfriedhofes stand und später im Rosental einen neuen Platz fand. Die am 16. Januar 1993 in Leipzig gegründete Louise-Otto-Peters-Gesellschaft e. V. hat sich das Ziel gesetzt, das Leben und Werk der Dichterin, Schriftstellerin, Journalistin und Frauenrechtlerin Louise Otto-Peters in der Öffentlichkeit bekannt-zumachen, zu würdigen und zu aktualisieren.
Diese Biografie stammt aus der Taschenbuchreihe „Superfrauen“ des Verlags Ernst Probst (www.frauenbiografien.de.vu).