Eine der radikalsten Kämpferinnen für das Wahlrecht der Frauen in Großbritannien war Emmeline Pankhurst (18581928), geborene Goulden, die Gründerin der Womens Social and Political Union. Sie wurde acht Mal wegen Vergehens gegen die öffentliche Ordnung, Brandstiftung und anderer Straftaten verurteilt. Vor dem Ersten Weltkrieg geisterte die Pankhurst sozusagen als Schreckgespenst durch viele Illustrierte und Witzblätter. Ihr Schlachtruf hieß Votes for Women.
Emmeline Goulden kam am 4. Juli 1858 in Manchester zur Welt. Ihr Vater, der Baumwolldrucker Robert Goulden, war ein engagierter Gegner der Sklaverei. Zu den frühesten Kindheitserlebnissen der kleinen Emmeline gehörte, dass sie mit ihrer Mutter in Man-chester zugunsten bedürftiger Ex-Sklaven in den USA sammelte. Emmelines Lieblingsbuch war Onkel Toms Hütte von der amerikanischen Schriftstellerin Harriet Beecher-Stowe (18111896).
Im Alter von 14 Jahren nahm Emmeline Goulden erstmals an einem Treffen von Frauenrechtlerinnen teil und begeisterte sich für deren Ideen. 1884 heiratete sie den merklich älteren Politiker und Rechtsanwalt Dr. Richard Marsden Pankhurst (18361898), der an Frauenfragen interessiert war.
Emmeline Pankhurst führte eine glückliche Ehe, aus der im Laufe der Zeit insgesamt fünf Kinder hervorgingen. Dr. Richard Marsden Pankhurst bewarb sich für das Parlament, aber die Irish National Party boykottierte alle liberalen Kandidaten. Dr. Pankhurst starb 1898 nach dem Durchbruch seines Magengeschwürs.
Am 10. Oktober 1903 gründete Emmeline Pankhurst die Womens Social and Political Union (WSPU) als überparteiliche Organisation zur Erringung des Frauenwahlrechts. Das Motto der von ihr geleiteten WSPU lautete: Deeds, not words (Taten statt Worte). Die Mitglieder dieser bis 1914 radikalsten Organisation der Frauenbewegung wurden Suffragetten genannt.
Der französisch-englische Begriff Suffragette ist von dem latein-ischen Wort suffragium (deutsch: Stimmrecht) abgeleitet. Die Suffragetten in Großbritannien kämpften mit Hungerstreiks, Demonstrationen und gewaltsamen Aktionen für die politische Gleichberechtigung der Frauen.
An der Arbeit der bekanntesten Suffragette Emmeline Pankhurst beteiligten sich auch ihre Töchter Christabel (18801958) und Estelle Sylvia (18821960). Die WPSU konnte immer mehr Frauen für den Kampf um das Frauenwahlrecht begeistern. Die Suffragetten versuchten, andere Politiker für ihre Ziele zu gewinnen, organisierten Demonstrationen und rüttelten die Öffentlichkeit auf, indem sie Fenster einschlugen, Briefkästen in Brand steckten, Golfplätze mit Säure zerstörten und mit Hungerstreiks gegen ihre Inhaftierung protestierten.
Während des Ersten Weltkrieges (19141918) unterbrachen die Suffragetten ihre Protestaktionen. Emmeline führte statt dessen die Womens Right to Work Campaign an, in der Frauen Männerarbeit in Fabriken übernahmen, Lastwagen fuhren und andere Tätigkeiten verrichteten, die während des Krieges von großem Wert für Großbritannien waren. 1914 erschien ihr Buch My own story.
Nach dem Ersten Weltkrieg gingen die Pankhursts jeweils eigene Wege. Emmeline Pankhurst wurde 1918 Mitglied der Konservativen Partei. Einige Wochen später verabschiedete man in Großbritannien das Gesetz, das den Frauen über 30 das volle Stimmrecht garantierte. Das geschah einesteils aus Anerkennung der Leistungen der Frauen während des Krieges, andererseits aus Angst vor weiteren militanten Aktionen.
Die Tochter Sylvia Pankhurst wurde eine radikale Sozialistin und kämpfte für die Unabhängigkeit Äthiopiens. Christabel dagegen engagierte sich als Evangelistin in den USA.
Am 14. Juni 1928 starb Emmeline Pankhurst im Alter von 69 Jahren in London. Ihre Tochter Sylvia schrieb über sie das Buch The Life of Emmeline Pankhurst (1935).
Diese Biografie stammt aus der Taschenbuchreihe „Superfrauen“ des Verlags Ernst Probst (www.frauenbiografien.de.vu).