
RKI-Chef Lothar Wieler hat eingeräumt, dass exakte Angaben zur aktuellen Impfquote bis heute nicht möglich sind.
Berlin (dts Nachrichtenagentur) – „Wir können nicht sagen, wie hoch die tatsächliche Quote jetzt, Mitte Oktober, ist“, sagte Wieler den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Freitagausgaben). „Die offiziell gemeldeten Daten sind die Mindestimpfquote. Wir können die tatsächliche Impfquote nur schätzen“, so der Präsident des Robert-Koch-Instituts.
RKI kann nur schätzen
Die letzte RKI-Schätzung ist mittlerweile zwei Wochen alt: „Wir können nur sagen, dass bis Ende September bis zu 84 Prozent der Erwachsenen mindestens einmal geimpft wurden und bis zu 80 Prozent vollständig.“ Das RKI hatte in der vergangenen Woche erklärt, dass es sich bei der offiziell gemeldeten Zahl der Impfungen bei Erwachsenen um eine Unterschätzung von bis zu fünf Prozentpunkten handele. Wieler wies in diesem Zusammenhang Kritik aus Reihen der Landesgesundheitsminister zurück und forderte mehr Fairness: „Den Ärger über die Meldeprobleme teile ich“, sagte Wieler.
RKI nicht verantwortlich
Doch dafür sei nicht das RKI verantwortlich, sondern Bund und Länder: Die Meldung der impfenden Stellen sei in der Coronavirus-Impfverordnung gesetzlich vorgeschrieben, sie müsse vollständig und zeitnah erfolgen, um den Impffortschritt in Deutschland so genau und aktuell wie möglich abbilden zu können. „Es ist unfair, die Schuld auf das RKI abzuwälzen.“
Schleppende Digitalisierung im Gesundheitswesen
Wieler beklagte in diesem Zusammenhang das schleppende Tempo bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens: „Es liegt an Ressourcen, an den vielen unterschiedlichen Abrechnungssystemen, den unterschiedlichen Interessen von Ärzten, Kassen und Kliniken, aber auch am Datenschutz.“ Es gebe 16 verschiedene Datenschutzbeauftragte in den Ländern, die teilweise sehr unterschiedliche Bewertungen derselben Lage haben, kritisierte der RKI-Chef.
Mit dem Verweis auf die schleppende Digitalisierung des Gesundheitswesens hat Lothar Wieler auf jeden Fall einen Punkt. Deutschland hat in der Pandemie klar demonstriert, was es heißt, ein „digitales Entwicklungsland“ zu sein. Die „digitale Kolonie Deutschland“ hat in der Pandemie die ganze Bandbreite der Folgen verschleppter Digitalisierung offenbart.
Und das gilt nicht nur für das unmittelbare Pandemie-Management. Auch beim Umgang mit den Pandemie-Folgen waren es US-Dienste, die uns „gerettet“ haben.
Allerdings ist die Geschichte um die Impfquoten auch kommunikativ ein Desaster. In Bevölkerung und Medien ist über Monate der Eindruck entstanden, man würde die Impfquote kennen.