Als Kämpferin für die Rechte der Frauen ging die Schriftstellerin und Revolutionärin Olympe de Gouges (17481793), geborene Marie Gouze, in die Geschichte der Französischen Revolution ein. 1791 forderte sie in einem Manifest die völlige rechtliche, politische und soziale Gleichstellung der Frauen. Wegen ihrer mutigen Kritik an mächtigen Revolutionsführern hat man sie hingerichtet.
Marie Gouze wurde am 7. Mai 1748 in Montauban (Südfrankreich) geboren. Im Taufregister ist sie als drittes Kind des Metzgers Pierre Gouze und dessen Frau Ann-Olympe Mouisset registriert. Angeblich soll sie jedoch aus einer Affäre ihrer Mutter mit deren adligem Paten, dem späteren Marquis Jean-Jacques Lefranc de Pompignan (17091784), hervorgegangen sein.
Die Mutter heiratete nach dem Tod ihres ersten Mannes einen Polizeibeamten. Marie wuchs als Kind in Montauban auf und eignete sich das Provenzalische als Muttersprache an, das Französische dagegen wurde nur ihre Zweitsprache. Von Ursulinen lernte sie die Grundkenntnisse des Schreibens.
Im Alter von 17 Jahren heiratete Marie Gouze den merklich älteren, ungeliebten, jedoch wohlhabenden Louis-Yves Aubry, dem sie 1866 den Sohn Pierre schenkte. Als ihr Mann zwei Jahre nach der Hochzeit vermutlich bei einer Unwetterkatastrophe sein Leben verlor, zog Marie nach Paris und wohnte zunächst bei ihrer älteren Schwester Jeanne und ihrem Schwager. Damals legte sie sich das vom Mädchennamen ihrer Mutter abgeleitete Pseudonym Olympe de Gouges zu. Trotz ihrer Sprachschwierigkeiten fasste sie in den Pariser Salons und im Theatermilieu rasch Fuß.
Mit 30 Jahren entschloss sich Olympe de Gouges, Schriftstellerin zu werden, womit sie trotz ihrer Zähigkeit und Ausdauer nur wenig Erfolg hatte. Ihr Kampf mit den Hofschauspielern des Königs, die das Aufführungsmonopol für alle neuen Stücke besaßen, war so heftig, dass sie 1785 nur durch ihre Beziehungen einem Verhaftungsbefehl und der Überweisung in die Bastille entging.
Insgesamt schrieb Olympe de Gouges mehr als 40 Theaterstücke. Sie kämpfte für ein Theater, in dem nur Stücke von Frauen aufgeführt worden sollten.
1785 erhielt die 37-Jährige die königliche Druckerlaubnis für ihren vermutlich autobiographischen Roman, der in der deutschen Übersetzung den Titel Die Denkschrift der Madame Valmont trug. In diesem Werk klagte eine natürliche Tochter gegen Bigotterie und Familienklüngel ihrer Zeit. Es gilt als eine verschlüsselte Anklage gegen ihren kurz zuvor verstorbenen mutmaßlichen adligen Vater und dessen Familie.
In dem Stück Zamore und Mirza (1785) verurteilte Olympe de Gouges die Sklaverei und forderte deren Abschaffung. 1788 erschien ihre erste politische Propagandaschrift Brief einer Bürgerin an das Volk oder Projekt einer Vaterlandskasse im Journal Génerál de France. Dabei beschrieb sie Mittel und Wege gegen das Defizit der Staatskasse.
Während der Französischen Revolution (17891799) kämpfte Olympe de Gouges für die Rechte der Frauen. Denn weder in der Déclaration des droits de lhomme et du citoyen (Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte) vom 26. August 1789 noch in der am 3. September 1791 von der Nationalversammlung verabschiedeten neuen Verfassung war das Wahlrecht für Frauen vorgesehen.
Im September 1791 veröffentlichte Olympe de Gouges das Manifest Déclaration des droits de la femme et de la citoyenne (Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin). Im ersten Teil wandte sie sich an die Königin Marie Antoinette (17551793) und bat um deren politische Fürsprache. Nach der Verfassung von 1791 befand sich die Exekutive noch in der Hand des Königs. Der erste Artikel der Rechte der Frau und Bürgerin lautete: Die Frau ist frei geboren und bleibt dem Mann ebenbürtig in allen Rechten.
Olympe de Gouges kritisierte vehement das Todesurteil gegen den am 21. September 1792 abgesetzten König Ludwig XVI. (17541793): Es genügt nicht, den Kopf des Königs rollen zu lassen, um ihn zu töten, er lebt noch lange nach seinem Tod. Wirklich tot ist er, wenn er seinen Sturz überlebt. Ludwig XVI. wurde am 21. Januar 1793 hingerichtet.
Zur Zeit der Französischen Revolution kamen drei Theaterstücke aus der Feder von Olympe de Gouges zur Aufführung: Mirabeau aux Champs Elysées, Le Couvent und LEntrée de Dumouriez à Bruxelles. Gemeinsam mit der Niederländerin Etta Palm-Aelders (1743nach 1798) gründete Olympe den Cercle sozial, einen Verband aus Männern und Frauen, der sich für die politische Gleichberechtigung der Geschlechter einsetzte.
Die temperamentvolle Olympe de Gouges legte sich mit den gefährlichsten Männern ihrer Zeit an. 1792 schrieb sie: Was wart ihr dazumal Robespierre, Marat, Bourdon? Ungeziefer, vermodernd im Sumpf der Korruption, aus dem ihr auch heute nicht emporgekrochen seid.
Ein andermal ließ Olympe knallrote Plakate in den Straßen von Paris kleben, auf denen zu lesen stand: Das amphibische Lebewesen Polyme fordere Maximilien de Robespierre (17581794) zum Duell: Dein Atem verpestet die reine Luft, deine zuckenden Lider verraten die Niedertracht deiner Seele, und jedes einzelne deiner Haare steht für ein Verbrechen.
Wenige Monate vor ihrer Verhaftung veröffentlichte Olympe de Gouges, die wohl ihren baldigen Tod ahnte, ihr politisches Testament. Darin heißt es: Bürger, ihr könnt mir den Tod geben, meine Prophezeiungen indes meinen Einsatz für das Gemeinwohl könnt ihr mir nicht ungeschehen machen.
Nach dem Sturz der von ihr unterstützten Girondisten im Sommer 1793 beschimpfte Olympe de Gouges das Revolutionstribunal als verbrecherisches Blutgericht. Im Juni 1793 wurde sie wegen ihrer kritischen Schrift Die drei Urnen oder das Wohl des Vaterlandes verhaftet.
An das Revolutionstribunal, das sie zum Tode verurteilte, richtete Olympe de Gouges die Worte: Erbebt Ihr neuen Tyrannen! Meine Stimme wird sich noch aus des Grabes Tiefe Gehör zu verschaffen wissen. Am 3. November 1793 richtete man sie im Alter von nur 45 Jahren in Paris hin. Zwei Wochen zuvor hatte Königin Marie Antoinette ihren Kopf verloren. Robespierre starb im Jahr darauf am 28. Juli 1794 unter der Guillotine.
Diese Biografie stammt aus der Taschenbuchreihe „Superfrauen“ des Verlags Ernst Probst (www.frauenbiografien.de.vu).