
Foto: 4 PM production | Bigstock
Hallo?!? Entweder, der Typ hat beim letzten Training einen Ball zuviel an die Mütze bekommen, oder er hat tatsächlich das Einfühlungsvermögen einer Portion Bratkartoffeln.
Was erwartet er eigentlich von mir?
Mal im Ernst: Was erwartet er eigentlich von mir? Würde ihm am liebsten das smarte Grinsen aus der Fresse polieren und ein paar Takte zum Thema Freundschaft verpassen. Darüber, was Freunde tun, und was Freunde nicht tun. Okay, Freunde zerkratzen vielleicht mal eine ausgeliehene CD oder vergessen Geburtstage wenn`s gerade blöd läuft, aber dafür stoßen sie einem keinen Dolch ins Herz um anschließend literweise Salzsäure in die offene Wunde zu kippen. So viel steht fest!
Emotionale Kriegsführung
„Weißt du, Christian, meine Freunde sind die Leute, die sich in den letzten Wochen auch zum hundertsten Mal die ganze Scheiße angehört haben, die du verbockt hast. Die Typen, denen ich mitten in der Nacht meinen Herzschmerz in den Hörer gerotzt habe, ohne dass sie sich irgendwann beschwert hätten. Stattdessen haben sie meine schlechte Laune über sich ergehen lassen und mir immer und immer wieder die Litanei von den Söhnen anderer Mütter heruntergebetet. Selbstlos und ohne die Geduld zu verlieren. Leicht war das bestimmt nicht…
Da fällt mir ein: Wo bist du zu der Zeit eigentlich gewesen? Beruflich eingespannt? Terminlich verhindert? Egal. Passt schon. Kein Problem. Ich bin ja nicht nachtragend.
Freundschaft besteht nebenbei bemerkt auch darin, dem anderen gegenüber ehrlich zu sein. Auch, wenn es weh tut. Du hast mir weh getan, ohne dabei wenigstens ehrlich zu sein. (Wenn „weh tun“ überhaupt noch ausreicht, um den Höllenqualen der letzten Wochen gerecht zu werden.) So was läuft zumindest in meiner Welt nicht unter „Freundschaftsdienst“, sondern unter „emotionaler Kriegsführung“, und ehrlich gesagt ist mir scheißegal, ob du das mit Absicht gemacht hast oder nicht.
Vielleicht hätte ich das alles wirklich sagen sollen?
Ferner ist mir scheißegal, wie umwerfend du aussiehst, wie verdammt gut du riechst und dass du der mit Abstand beste Küsser bist, der je durch mein Revier gestreift ist. Hörst du? Scheißegal! Wer sich verhält wie ein Wichser wird auch so behandelt. Du bist raus. Endgültig! Um mit deinen Worten zu sprechen: Abpfiff! Und wenn ich irgendwann noch einmal irgendetwas was auch nur im Entferntesten mit dem Wort „Freundschaft“ zu tun hat aus deinem Mund hören sollte, dann springe ich dir mit erstens Anlauf und zweitens dem nackten Arsch ins Gesicht! Weißt du was? Freunde habe ich genug, und falls ich irgendwann neue brauchen sollte, bist du der Letzte, den ich anrufen werde. Ach ja, und noch was: Als ich gesagt habe ich wäre nicht nachtragend, habe ich gelogen.“
Vielleicht hätte ich das alles wirklich sagen sollen…
Stattdessen lächle ich ihn dankbar an und nicke verständnisvoll mit dem Kopf. Ich meine, irgendwo ist er ja doch verdammt süß, der blöde Wichser. Und ich bin doch auch nur aus Fleisch und Blut…
Autorin: Mirjam-Magdalena Bohusch
Was meinst Du dazu – sollte man es nach einer Trennung mit einer Freundschaft versuchen?
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