-Eine Kolumne von Mario Förster–

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Väter und Söhne – die Challenge einer besonderen Beziehung
Hohe Erwartungen, Vorbildfunktionen, starke Schultern und das Wetteifern um Anerkennung: Die Beziehung zwischen Vätern und Söhnen geht oftmals einen schwierigen Weg, der auch über heikle Brücken führt. Streit, Distanz, Zoff und Missverständnisse schaufeln einen Graben, den nur wenige Papas auf Anhieb überwinden können. Dabei birgt dieses schwierige Verhältnis in sich so viele Reserven, um zugleich die Verbindung zwischen Söhnen und ihren Vätern zu stabilisieren und zu stärken. Es lohnt sich, dem eigentlichen Problem auf den Grund zu gehen, um die Beziehung zu hinterfragen und das Verhältnis zu hinterleuchten. Du wirst nach diesem Artikel die Vater- und Sohn-Beziehung aus einer vollkommen neuen Perspektive sehen.
Probleme sehen & Flagge zeigen
Gerade in den letzten Jahrzehnten haben sich Wissenschaftler mit der Beziehung zwischen Vätern und Söhnen beschäftigt, um ein psychologisches Muster zu erkennen, mit dem ihr euch auseinandersetzen könnt. Den Anfang bildet die Erkenntnis, das eigentliche Problem gemeinsam wahrzunehmen. Ihr werdet sehen, habt ihr ein Missverständnis erst einmal auf den Tisch gelegt, fällt es euch fortan viel einfacher, damit umzugehen. Für alle Väter ist es gar nicht so leicht, Flagge zu zeigen und aus der harten Schale der Vorbildfunktion zu kriechen. Dabei ist deinem Kind damit sehr geholfen.
Warum sich so viele Väter Söhne wünschen?
„Mir ist es egal, ob es ein Junge oder ein Mädchen wird.“
„Hauptsache der Junge ist gesund.“
Studien haben herausgefunden, dass sich tatsächlich 80 % der Männer beim ersten Kind einen Sohn wünschen. Hier spielen die gesellschaftlichen Verhältnisse und das traditionelle Bild des Nachfolgers als Familienoberhaupt eine unterschwellige Rolle. In vielen Fällen sollen die Söhne das Familienunternehmen übernehmen und die Traditionen weiterführen.
In früheren Jahren war es der Sohn, der für die Altersvorsorge der Eltern gesorgt hat. Er lebte am elterlichen Hof, nahm seine neue Frau mit in das Haus und unterstützte die eigenen Eltern im Alltag. Diese jahrhundertealten Gedanken lassen sich auch nach vielen Jahren noch nicht vollständig aus den Köpfen der Menschen verbannen.
Wo ist die Emanzipation geblieben?

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Dabei wissen wir doch, dass es gar keine Rolle spielt, ob wir nun ein Mädchen oder einen Jungen bekommen. Eines Tages ziehen sie in die weite Welt und werden uns verlassen. Auch die Wahrscheinlichkeit, dass der Junge in die beruflichen Fußstapfen des Vaters tritt, erscheint äußerst gering, wenn dies auch immer wieder ein gewisses Konfliktpotenzial in sich birgt.
Heute nehmen beispielsweise Frauen den Familiennamen nach der Ehe mit. Doch die Flagge der Emanzipation und der Gleichberechtigung ist im Vergleich zu unserer jahrhundertealten Gesellschaftskultur noch viel zu klein. Da können wir uns bemühen, wie wir wollen.
Der Sohn ist immer noch der Stammhalter, der starke Vertreter der Familie, der die eigenen Traditionen und Werte bewahrt und weiterführt. So verbinden Eltern mit einem Jungen kräftige, starke und selbstbewusste Eigenschaften. Wohingegen Mädchen mit weichen, gefühlvollen und sensiblen Attributen beschrieben werden.
Vaterfunktion. Vorbild. Enttäuschung.
Wenn du ehrlich mit deiner Vater-Sohn-Beziehung umgehst, wünschst du dir nicht auch manchmal, dein Sohn würde wenigstens ein bisschen so werden – wie du?
Tatsächlich empfinden viele Väter genau so, ob sie nun Radsportler, Wanderer, Outdoorer, Modellbauer, Geschäftsmann oder ambitionierter Kleingärtner sind. Hat der eigene Sohn, mit deiner Passion so gar nichts am Hut, ist es vollkommen natürlich, erst einmal enttäuscht zu reagieren.
Der Teufelskreis entsteht aus Söhnen, die gezwungen die erwachsenen Interessen teilen und aus Vätern, die sich dabei voll ins Zeug legen. Wenn beide Parteien realisieren, dass eine tiefe Distanz sie voneinander trennt, könnt ihr dieses Missverhältnis nur durch Gespräche und eine offene Konfrontation ohne Enttäuschungen in den Griff bekommen.
Freiheiten & Selbstfindung unter Vätern und Söhnen
Eigentlich sind sich viele Väter bewusst, dass ihr Sohn keine Kopie der eigenen Persönlichkeit ist. Das wäre auch langweilig. Dennoch fallen viele immer wieder in ihre alten Verhaltensmuster. Dabei ist es lohnenswert, dem Prozess des Umdenkens eine Chance zu geben, um die Vater-Sohn-Beziehung offener und intensiver anzugehen.
Geben Väter ihren Söhnen von Anfang an mehr Freiheiten als den Töchtern, hat dies nichts mit Gleichgültigkeit zu tun. Du kannst dich vielleicht einfach nur besser in die Lage deines Sohns hineinversetzen, als du in seinem Alter warst. Du siehst es gern, wie dein Sohn selbstständig auch schwierige Situationen zum ersten Mal besteht und erkennst von daher kaum keinen Grund, diese Freiheit zu reglementieren.
Die Vater-Sohn-Beziehung HEUTE

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Wenn du deinem Sohn die Chance gibst, in liebende und offene Arme zu fallen, profitiert dein Kind von dieser Hingabe und nimmt diese positive Emotionalität und Toleranz mit in sein späteres Leben. Väter sollten heute akzeptieren, dass sich die Beziehung grundlegend geändert hat. Der innige Wunsch nach Selbstvertrauen in die eigene Persönlichkeit überlappt die angestaubten Ideale des Stammhalters, der die Zukunft der Familie in den Händen hält.
Söhne brauchen keine Rollen. Sie brauchen die Freiheit und zugleich die Sicherheit des Vaters, ihren Weg im Leben zu gehen. Dabei ist es deine Aufgabe, die Bedürfnisse und Visionen offen aufzunehmen und mit deinen Erfahrungswerten ein Berater und Wegweiser zu werden.
Denn dieser selbstbestimmte und sichere Weg in die Zukunft orientiert sich an den Maßstäben, Werten und Normen einer Gesellschaft, die für deinen Sohn genügend Freiraum lässt, um ein selbstbewusster und selbstbestimmter Mensch zu werden.
Der Autor
Mario Förster
.. ist Vater von 2 Söhnen, Freier Publizist, Herausgeber des Vätermagazins netpapa.de und Online Enthusiast.