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Zahlt die Versicherung, wenn man bei einem Unfall eine rote Ampel überfährt? Wird man zurückgestuft? Und was kommt sonst noch auf den Fahrer zu?
Die rote Ampel verkehrsrechtlich
Die Verkehrsampel ist formell eine Lichtzeichenanlage, kurz LZA. Verkehrsampeln werden weltweit eingesetzt, um den öffentlichen Straßenverkehr zu ordnen und zu regeln. Alle Verkehrsteilnehmer sind verpflichtet, sich nach der Ampel und ihrer jeweiligen farblichen Schaltung zu richten. Das Rotlicht der Ampel, die umgangssprachlich rote Ampel, hat absoluten Vorrang vor allen anderen Verkehrszeichen. Sie darf auf keinen Fall passiert, wie es heißt überfahren werden. Einzige Ausnahme in Deutschland ist die rote Ampel mit dem separaten grünen Pfeil auf einer Tafel. In diesem Falle darf bei rot in die Pfeilrichtung abgebogen werden. Mit dem Rotsignal einer Ampel wird eine Schutzzone geschaffen. Alle betroffenen Verkehrsteilnehmer können, sie müssen sich darauf verlassen können, dass sie durch das Rotsignal in dem betreffenden Bereich geschützt sind.
Das ist beispielsweise der Zebrastreifen auf der Straße. Zwar sollte der Fußgänger auch im Eigeninteresse darauf achten, ob durch die Rotschaltung der Schutz des Zebrastreifens tatsächlich gewährleistet ist, was er durch die grüne Fußgängerampel signalisiert bekommt. Doch er hat das Recht auf seiner Seite, die Straße zu überqueren. Wer eine rote Ampel überfährt und dadurch einen Verkehrsunfall verursacht beziehungsweise verschuldet, der hat gleichzeitig mehrere Probleme.
Straftatbestand und Unfallschuld
Die an sich klare Rechtslage ist durch Recht und Gesetz geregelt. Der Unfallverursacher fügt dem Unfallgegner einen Personen- oder Sachschaden zu, und dasselbe gilt in vielen Fällen auch für ihn selbst. Die Nichtbeachtung des Rotsignals, also das Überfahren der roten Ampel ist vor allem dann ein Straftatbestand, wenn es sich um einen, wie es allgemein heißt, schweren Verkehrsunfall handelt. Prozessual führt das zu einem Strafprozess sowie zu einem Zivilprozess. Sämtliche Schäden des Unfallgegners werden von der Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers beglichen. Sie ist eine Pflichtversicherung, die jeder Kfz-Halter abschließen muss, bevor sein Auto für den öffentlichen Straßenverkehr zugelassen wird. Für den Unfallverursacher stellen sich jetzt die beiden versicherungsrechtlichen Fragen, ob er von der Kfz-Haftpflichtversicherung in Regress genommen wird, und wie eine Regulierung des Schadens am eigenen Pkw über die Vollkaskoversicherung erfolgt. Die Fragestellung ergibt sich ausschließlich deswegen, weil er die rote Ampel überfahren, das Signal also nicht beachtet hat.
Haftpflicht und Vollkasko zahlen in der Regel
Diese Situation ist beileibe kein Einzelfall; und trotzdem ist es immer wieder ein individueller, ein anders gelagerter Verkehrsverstoß. Jeder Verkehrsunfall ist einmalig, man könnte ihn als Unikat bezeichnen. Das ist auch der Grund, aus dem sich Gesetzgebung und Rechtsprechung sehr schwer tun, einheitlich zu entscheiden und zu urteilen. In Zitaten und Kommentaren ist oft zu lesen, dass es auf den Einzelfall ankommt, und das ist auch tatsächlich so. Jedes Überfahren einer roten Ampel hat einen anderen Anlass, einen anderen Grund und natürlich einen anderen Autofahrer. Allein schon deswegen ist jeder Fall anders gelagert. Trotzdem haben sich im Laufe der Jahre und aufgrund der Vielzahl an Verkehrsunfällen gewisse Parallelen ergeben, die von den Gerichten sowie von den Versicherungen zu einer einheitlichen Beurteilung vergleichbarer oder ähnlicher Fälle führen. Dabei kann der Vorsatz ausgeklammert werden, so dass es sich ausschließlich um eine grobe oder eine einfache Fahrlässigkeit handeln kann. Der Nachweis der einfachen Fahrlässigkeit sollte kein Problem für eine Schadensregulierung sein. Der Kfz-Halter braucht mit keinem Regress zu rechnen, und die Vollkaskoversicherung begleicht den Schaden anstandslos. Eine mit dem Verkehrsunfall verbundene Rückstufung bei Kfz-Haftpflicht- und Vollkaskoversicherung bleibt davon unberührt.
Unwägbar und einzelfallbezogen wird es bei einer groben Fahrlässigkeit. In diesem Grenzbereich sollte sich der Kfz-Halter auf jeden Fall rechtlich beraten und auch vertreten lassen. Es beginnt mit einer Bewertung der Frage, ob das Verhalten noch fahrlässig oder schon grob fahrlässig war. Diese Frage muss gegebenenfalls zunächst gerichtlich geklärt werden; denn danach richtet sich anschließend die Entscheidung des Kfz-Versicherers. Nach der heutigen gängigen Rechtsprechung darf bei grober Fahrlässigkeit eine Versicherungsleistung nicht komplett verweigert werden; sie kann allenfalls reduziert, also gekürzt werden. Das gilt für die Kfz-Vollkaskoversicherung. Auch bei grober Fahrlässigkeit ist es nach geltender Rechtsprechung unwahrscheinlich, dass der Unfallverursacher von der Kfz-Haftpflichtversicherung in Regress genommen wird. Bis Mitte der 2000er Jahre war das anders, wurde jedoch durch die jetzige Fassung des Versicherungsvertragsgesetzes, kurz VVG deutlich abgeschwächt.
Entscheidung bleibt Einzelfallentscheidung
Trotzdem, und das bleibt festzuhalten, liegt es am Einzelfall und auch am einzelnen Richter beziehungsweise Gericht. Im Norden der Bundesrepublik wird anders bewertet und entschieden als im Süden, im Osten oder im Westen. Der Fachanwalt für Verkehrsrecht kann in dieser Situation mit seinem buchstäblichen Fachwissen eine große Hilfe sein. Das bedeutet Ausgaben für Anwaltshonorar und Gerichts- sowie eventuelle Gutachterkosten. Die zu bezahlen fällt dem Kfz-Halter dann leicht, wenn er zuvor eine Verkehrsrechtsschutzversicherung abgeschlossen hat. An dieser Stelle soll nicht dafür geworben, sondern auf ihre Notwendigkeit hingewiesen werden.
Fazit
Eine rote Ampel ist schnell überfahren; ungewollt, unbeabsichtigt bis hin zu unbemerkt. Die Folgen sind unabsehbar und betreffen den Fahrer selbst sowie unbeteiligte Dritte. Die haben sich auf die Schutzfunktion der Rotschaltung verlassen. Jetzt muss festgestellt werden, wer in welchem Umfange Recht hat. Wenn das geklärt ist, geht es vielfach darum, das Recht auch zu bekommen. In den meisten Fällen braucht sich der Unfallverursacher in Bezug auf den Ersatz des Sachschadens keine allzu großen Gedanken zu machen. Aber ganz sicher ist das nie, bevor nicht abschließend Recht gesprochen worden ist.