Da mein Vortrag auf der Echtzeit Berlin (? Fotos auf DS) aufgrund akustischer Probleme für Viele leider nicht so wirklich gut zu verstehen war, gibt’s hier den Artikel dazu. Sorry nochmal von meiner Seite an diejenigen, die ich extra zu meiner Unterstützung dort hinzitiert hatte.
Hat man die Berichterstattung der letzten zwei Jahre zum Thema Internet-Startups verfolgt, gewinnt man beinahe zwangsweise den Eindruck, dass die Begriffe Startup und Venture Capital eine untrennbare Symbiose führen. Dabei sind die meisten Internetgründungen alles andere als kapitalintensiv. Und gerade junge Gründerteams sollten sich gut überlegen, ob sie sich einen „zusätzlichen Esser“ an den Tisch holen.
Venture Capital schränkt die unternehmerische Bewegungsfreiheit spürbar ein
Als Gründer muss man wissen, dass eine Kapitalisierung über das Eigenkapital die teuerste Variante der Unternehmensfinanzierung ist. Zu den Renditeerwartungen befragt, antwortete etwa Matthias Brix von Neuhaus Partners: „VCs sind da ganz einfach gestrickt: Wir wollen in vier bis fünf Jahren unseren Einsatz verzehnfachen. Wir sind nun mal keine Philanthropen.“ Bricht man das auf einen jährlichen Effektivzins herunter, landet man bei rund 60 Prozent. „Geringfügig“ mehr als bei einer Fremdkapitalfinanzierng über einen Kredit.
Dem Druck dieser Renditeerwartung unterwirft ein finanzierter Gründer sein Handeln und das hat Folgen. An die Stelle einer langfristigen, strategischen Planung zur Realisierung der Vision treten definierte Meilensteine, operative Hektik und das Schielen auf den möglichst schnellen, gewinnbringenden Exit.
Wehe, wenn Ziele verfehlt werden
Und richtig schlimm wird es, wenn es mal ganz und gar nicht so läuft, wie man sich das in den wildesten Businessplan-Fantasien ausgemalt und den Investoren verkauft hat. Dann wird aus dem psychischen Druck schnell tatsächlicher.
Investoren versuchen dann häufig mit Nachdruck Einfluss auf Entscheidungen zu nehmen. Und spätestens jetzt ersetzt Kapital Hirn. Denn eines hat sich in der Vergangenheit ganz klar gezeigt: erfolgreiche Unternehmer sind ganz überwiegend verdammt schlechte Investoren und ausserhalb ihres eigenen Businessmodells ziemlich verloren. Darum werden sog. „Serial Entrepreneurs“ auch so gerne herum gereicht – weil sie die Ausnahme und nicht die Regel sind.
Venture Capital wirkt wettbewerbsverzerrend
Auf den Markt wirken Venture Capital Investments als private Subventionen. Gerade die massiven VC-Interventionen der letzten zwei Jahre haben zu erheblichen Wettbewerbsverzerrungen im deutschen Internetmarkt geführt.
Eine Horde von VC gestützen, hoch-defizitären Social Networks hat bspw. den alteingesessenen Communities das Leben schwer gemacht.
Auch wenn viele der neugestarten Projekt erfolglos waren und vermutlich noch in diesem Jahr den Gang zum Insolvenzgericht antreten werden, ist es doch die schiere Masse, die den Markt belastet und die Fragmentierung erhöht.
Innovation? Fehlanzeige!
„Venture Capital fördert Innovationen“ ist ein beliebtes Pro-Argument, wenn es um Sinn oder Unsinn von Finanzierungsmassnahmen geht. Dabei ist das Gegenteil der Fall. Noch nie gab es im deutschen Internet soviele US-Copycats wie in den vergangenen zwei Jahren. Das ist selbst jenseits des Teichs, wo man für gewöhnlich nur selten den Blick über den tektonischen Plattenrand wagt, nicht unbemerkt geblieben. So titelte Techcrunch süffisant „Web 2.0 in Germany: Copy/Paste Innovation or more?“.
Die Ursache ist naheliegend. Ganz im Gegensatz des eigentlichen Wortsinns verabscheuen Risikokapitalgeber nämlich das Risiko. Die Frage nach dem „Proof of Concept“ ist bei einem Copycat eben souveräner beantwortet.
Investoren: Maue Sparbuchrendite
Im Ergebnis funktioniert es oft für beide Seiten – Gründer und Investoren – schlechter als ohne die verhängnisvolle Geldehe. Von den Traumrenditen der 1000-Prozent-Boys bleibt meist nicht mehr als der maue Zins, den auch die Sparkasse um die Ecke bietet. Nur eben zu einem deutlich erhöhten Risiko.
So hat Harvard-Professor Joshua Lerner in einer jüngst im Forbes Magazin veröffentlichten Studie, die Performance von Venture Capital Fonds bis zurück in das Jahr 1976 untersucht. Mit einer ernüchternden Bilanz: Im Durchschnitt konnten die Fonds nur eine magere, jährliche Rendite von fünf Prozent erzielen. Im Zeitraum seit 2000 war die Performance sogar negativ.
Ohne VC: Verdammt zum Hinterhofkrauter?
Dass Startups auch ohne externe Kapitalaufnahme zu einer respektablen Grösse heranwachsen können und ganz sicher nicht zum Kleinkrämer-Dasein verdammt sind, zeigt eine Reihe deutscher Erfolgsstories.
So können sich bspw. Andreas Kleiser und Torsten Wenniges von der Internet-Holding Virtual Minds AG (? Virtual Minds) heute über zweistellige Millionenumsätze freuen, die sie ohne fremdes Kapital erwirtschaftet haben. Die beiden Gründer sind anfangs nebenbei noch ihren alten Jobs nachgegangen und haben ihr Erspartes eingesetzt. Das Unternehmen war sehr schnell profitabel.
Auch Jens Kammerer und sein Team von Kwick.de (? www.kwick.de) erwirtschaften mit ihrer Community Millionenumsätze und das ebenfalls ohne einen Cent externe Kapitalaufnahme.
Bei der Berliner Transparent Gruppe (? Transparent-Gruppe) sind Umsätze in Millionenhöhe auch kein Wunschdenken mehr. Das auf Online-Finanzservices spezialisierte Unternehmen ist seit seiner Gründung im Jahr 2004 ohne externe Mittelzuflüsse gewachsen und expandiert mit Dodo.com inzwischen in den Reisebereich.
Venture Capital bindet wertvolle Ressourcen
Mein Tipp an junge Gründer: Einfach machen und loslegen! Viele Gründer, die auf der Suche nach Kapital von einer Networking-Veranstaltung zur nächsten tingeln, vernachlässigen ihr eigentliches Geschäft und werden von den „Fricklern im Wohnzimmer“ rechts überholt. Das Einwerben und Administrieren von Investitionskapital bindet häufig Ressourcen, die besser in das Produkt investiert wären.
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