
Das Kit-Objektiv ist fast immer das erste Objektiv, dass ein frisch-gebackener DSLR-Besitzer sein Eigen nennt. Der geringe Aufpreis zum nackten Kamerabody ist meist so verlockend, dass die Linse fast automatisch im Einkaufskorb landet. Ich habe nur ein einziges Mal (bei der Canon 7D) kein Kit-Objektiv mitgekauft und es prompt bereut.
Doch wie gut sind Kit-Objektive eigentlich?
Wenn man die Testberichte der Fotozeitschriften durchschaut, ergibt sich ein recht homogenes Bild. Kit-Objektive sind fast immer optisch solide, hervorragend auf die Kamera abgestimmt, funktional und haptisch aber eher einfach und dem Preis entsprechend.
Wer erste Erfahrungen in der Spiegelreflex-Fotografie sammeln will, ist mit einem Kit-Objektiv meines Erachtens bestens beraten. Oft machen Anfänger den Fehler, sich einen wahren Objektivpark zusammenzustellen, nur um später festzustellen, dass die teuren Linsen nicht ihren Fotogewohnheiten entsprechen.
Brennweite
Kitobjektive sind meist 3- bis 5-fach Zoomobjektive, die vom moderaten Weitwinkel bis zum leichte Tele die Brennweiten der Butter- und Brotfotografie abdecken. An Kameras mit Crop-Sensoren sind Werte wie 17-55mm, 18-50mm und 18-55mm üblich. Das ergibt dann einen Blickwinkel der mit einer Brennweite von 28-80mm an einer Kleinbildkamera oder dem digitalen Vollformat vergleichbar ist.
Das ist nahezu ideal, um die ersten paar tausend Bilder zu schießen. So merkt man recht schnell, welche Brennweiten einem fehlen und kann kostspielige Fehlkäufe vermeiden.
Einsteiger empfinden oft den merkwürdigen Zwang, die ganze Brennweiten-Skala lückenlos abdecken zu wollen. Doch nur wenige Fotografen fotografieren wirklich in allen Brennweitenbereichen intensiv. Ich habe beispielsweise im Telebereich nur ein ganz billiges Tamron-Objektiv, weil ich im Bereich jenseits der 100mm kaum etwas fotografiere.
Lichtstärke
Kit-Objektive sind meist verhältnismäßig lichtschwach und bieten Offenblenden zwischen 3.5 und 5.6. Das ist an modernen DSLRs bei der Belichtung in normalen Situationen kaum ein Nachteil. Die Kameras führender Hersteller bleiben auch bei höheren Lichtsempfindlichkeiten (> ISO 400) rauscharm.
Allerdings sind die Möglichkeiten zur Freistellung (unscharfer Hintergrund) ziemlich begrenzt. Neben der Brennweite und der Entfernung zum Objekt ist die gewählte Blende der wichtigste Faktor für die Schärfentiefe. Je größer die Blende (also je kleiner die Blendenzahl) desto geringer ist die Schärfentiefe. Wer also schöne Bokehs mag, braucht lichtstarke Objektive.
Der Wechsel vom Kit mit einer Offenblende von 5.6 auf ein anderes Zoomobjektiv mit einer Offenblende 4.0 bewirkt da allerdings keine Wunder. Bokehs sind die Domäne von Festbrennweiten. Hier sind Offenblenden von 1.0 – 2.0 an der Tagesordnung.
Bildstabilisator
Trotz des geringen Preises verfügen die meisten Kitobjektive über einen Bildstabilisator. Das ist gerade für Einsteiger ideal. So kann man mit hohen ISO-Werten auch nachts ohne Stativ aus der Hand schießen und durchaus sehenswerte Resultate erzielen.

Haptik
Die Haptik ist häufig der Schwachpunkt der Kitoptiken. Die Gehäuse haben meist eine billige Plastikanmutung. Manche Tuben haben ein erhebliches Spiel und häufig dreht sich die Frontlinse beim Fokussieren mit. Das macht bspw. den Einsatz von Pol- und Verlaufsfiltern zur Geduldsprobe. Meist gibt es auch keine Streulichtblende dazu, sondern sie muss extra gekauft werden.
Allerdings sind die Dinger meist auch sehr leicht. Das geringe Gewicht der Kitobjektive wird nur noch von Festbrennweiten im unteren Brennweitenbereich getoppt.
Fazit
Kitobjektive sind daher ideale Reisebegleiter. Wer meint, mit dem Kit-Objektiv keine „guten Bilder“ machen zu können, sollte lieber an seinen fotografischen Fähigkeiten arbeiten als das Problem in der Technik zu suchen. Wer Gefallen an einem Spezialgebiet der Fotografie findet oder Bokeh-Liebhaber ist, wird allerdings mit der Kitlinse früher oder später an Grenzen stoßen.
Hallo,
habe vor Jahren auf einer analogen SLR gelernt (Freizeitfotograf). Damals waren die ersten „Gummilinsen“ auf dem Markt; diese waren in ihren Abbildungseigenschaften aber wirklich sehr mau. So hatte ich eine 35er und eine 135er Festbrennweite, beide mit Anfangsöffnung 2.8. Die relativ große Blende brauchte man oft, da in der Regel mit einem ISO 100 Film fotografiert wurde, und schnell mal den halb belichteten Film wechseln war ein teueres Vergnügen. Mit den beiden Objektiven kam ich gut zurecht, das häufige Wechseln war aber umständlich und zum Teil auch schlecht für das Material, z.B. am Strand mit Sand und Wind …
Dann kamen einige Jahre des Knipsens mit Kompakten, zunächst weiterhin mit Film, später digital. Vor drei Jahren bin ich dann wieder tiefer in die Materie eingestiegen, ich habe mir eine DSLR gekauft – mit Kitobjektiv 18-55, 3.5-5.6. Das übliche halt. Mit der Zeit habe ich dann jedoch von meinen anfänglichen Plänen, meinen Objektivbestand nach und nach um verschiedene Festbrennweiten zu ergänzen, Abstand genommen.
Nun bin ich kein Professioneller, der für seine Aufnahmen Geld verlangt. Für meinen Bedarf, und das ist i.d. Regel das Betrachten der Fotos am Rechner (ca. DIN A4) und gelegentlich Ausdrucke in 10×15, ist die Abbildungsleistung diese Kitobjektivs absolut ausreichend. Aufnahmen, die bei sehr gutem Licht entstanden sind, können auf A3 noch überzeugen, auch in den Ecken. Bei ISO 800 ist A4 immer noch wirklich gut.
Bleibt noch die Sache mit dem Freistellen. Zumindest bei beweglichen Motiven kann man durch einen geeigneten Hintergrund (Farbe, Helligkeit, „Muster“) oft die fehlende Hintergrundunschärfe ausgleichen. Hilfreich kann auch ein Telezoom sein (in meinem Falle 55-250, 4.0-5.6), da ja mit zunehmender Brennweite die Tiefenschärfe ja zurückgeht.
Viele Grüße [Ô]