Welche Funktion die Altersrückstellungen in der privaten Krankenversicherung haben, wann man sie übertragen kann und was es dabei zu beachten gilt.

Einer der gravierenden Unterschiede zwischen den beiden Versicherungssystemen ist die Verpflichtung zur Altersrückstellung für die privaten Krankenversicherungstarife. Damit sollen insbesondere die höheren Krankheitskosten der privat Versicherten im Alter aufgefangen werden.
Verschiedene Versicherungswelten – private vs. gesetzliche Krankenversicherung
Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) beruht auf dem Solidarprinzip, nach dem die aktuell Beitragspflichtigen für die Krankheitskosten aller Versicherten aufkommen. Die Beiträge werden einkommensabhängig im Umlageverfahren eingezogen und nach Bedarf für die Behandlungs- und Einkommensausfallkosten zur Verfügung gestellt. Im Gegensatz dazu erfolgt die Beitragsberechnung in der PKV nach dem Eintrittsalter, dem Gesundheitszustand und dem gewünschten Versicherungsumfang. Da jede versicherte Person einen eigenen Vertrag abschließen muss, bietet sich die Rückstellung in jungen Jahren in rentenversicherungsähnlichen Anlagen an, die dann im Alter zur Beitragsreduzierung wieder aufgelöst werden können. Bis zum 1.1.2009 waren die Altersrückstellungen in den privaten Krankenversicherungen nicht portabel, also war ein Versichererwechsel überhaupt nicht ratsam. Das führte dazu, dass es überhaupt keinen Wettbewerb um Bestandskunden gab. Zwar gab es einige Änderungen, allerdings bestehen immer noch Nachteile für alle, die bereits vor dem 1.1.2009 privat krankenversichert waren. Für alle anderen ist die Mitnahme der persönlich erworbenen Rückstellungen zwar ermöglicht, aber auch das nur in einem bestimmten Maße.
Altersrückstellungen: Komplizierte Berechnungsverfahren wie in der Lebensversicherung
Das sogenannte Anwartschaftsdeckungsverfahren beinhaltet die versicherungsmathematische Berechnung der Rückstellungen, die von Treuhändern der Versicherungswirtschaft geprüft werden. Dabei wird auf die Kalkulation der Deckungsrückstellungen in der Lebensversicherung zurückgegriffen, die in der Kalkulationsverordnung (KalV) und dem § 12 des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) geregelt sind. Dem Grunde nach wird also in jungen Jahren eine höhere Prämie berechnet, als es der reelle Bedarf vorgeben würde, damit bei zunehmendem Alter eine niedrigere verlangt werden kann. Es erfolgen keinerlei Ausschüttungen an die privat Versicherten, denn die rückgestellten Beträge werden rentenähnlich zur Beitragssenkung verwendet. Die Rückstellungsbeträge werden mit maximal 3,5 Prozent verzinslich angelegt und erhöhen sich so regelmäßig. Allerdings treffen hier die Interessen beider Vertragsparteien aufeinander: Die Versicherten wollen deutliche Rückstellungen, um für das Alter vorzusorgen, die Versicherer müssen auf die Konkurrenzfähigkeit ihrer Versicherungsbeiträge achten. Deswegen werden oft separate Ansparprodukte mit angeboten, die dann als Zusatztarife nicht in den Beitragsvergleich einbezogen werden.
Wichtige Änderungen seit dem 1.1.2009
Da bis zum 1.1.2009 aber nicht der einzelne Vertrag betrachtet wurde, sondern nur die Altersgruppe, war bis dahin eine Mitnahme der Rückstellungen zu einem anderen Versicherer nicht möglich. Kündigte ein Versicherter, konnte die betreffende Altersgruppe von seinen bis dahin angesparten Rückstellungen profitieren. Beim neuen Versicherer musste der Versicherte allerdings wieder von vorne Rückstellungen ansparen, er stieg dann mit einem neuen und damit erhöhten Eintrittsalter ein. Dies wurde mit dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz zum 1.1.2009 so geändert, dass zum einen eine Beitragserhöhung um 10 Prozent vorgenommen wurde, die verzinslich zur Beitragsentlastung angelegt wird. Zum anderen müssen alle seit dem 1.1.2009 privat Versicherten bei einem Wechsel des Versicherers so gestellt werden, als wären sie über die gesamte Laufzeit im Basis-Tarif versichert gewesen. Die entsprechenden Rückstellungen werden also auf diesen Tarif begrenzt und auf den neuen Vertrag übertragen. Der Basis-Tarif musste für alle Versicherer einheitlich neu kalkuliert werden und orientiert sich sowohl leistungs- als auch beitragsmäßig an der gesetzlichen Krankenversicherung. Ein Anspruch auf den Wechsel in diesen Tarif besteht, wenn der Versicherte das 55. Lebensjahr vollendet hat, Altersrente oder Beamtenversorgung erhält oder hilfebedürftig ist. Der teilweise geringere Versicherungsumfang muss dann in Kauf genommen werden. Die Schlechterstellung der bereits vor dem 1.1.2009 Versicherten wird regelmäßig vom Verbraucherschutz angemahnt, aber es gibt eine andere Alternative.
Sonderregelung zum internen Tarifwechsel
Zu wenig beachtet wird eine Sonderregelung in der PKV nach § 204 Versicherungsvertragsgesetz (VVG), die einen gesellschaftsinternen Wechsel in einen Vollversicherungstarif, der im Leistungsumfang zumindest gleich sein muss, ermöglicht. Dies ist insofern interessant, als dass langjährige Krankenversicherungstarife schnell überaltern können, wenn weniger Neuzugänge in diesem Tarif verzeichnet werden oder dieser ganz geschlossen wird. Die Beiträge können dann explodieren, da der Kundenbestand insgesamt immer älter wird und die Krankheitskosten dadurch überproportional steigen. Versicherten steht dann das Recht zu, intern in einen anderen und jüngeren Tarif zu wechseln. Die bereits angesparten Altersrückstellungen müssen in diesem Fall übertragen werden und bleiben dem Versicherten somit erhalten. Diese Alternative ist in den meisten Fällen dem Wechsel in den Basis-Tarif vorzuziehen, wird aber nicht offensiv beworben. Die Krankenversicherer müssen direkt darauf angesprochen und entsprechende Umstellungsangebote angefordert werden. Natürlich ist dies kein rentables Geschäft für die Versicherer, da die Alt-Tarife dadurch noch schneller aus dem Ruder laufen.
Zusammenfassung: Alterungsrückstellungen in der privaten Krankenversicherung
Diese Rückstellungen werden grundsätzlich in der privaten Krankenversicherung vorgenommen, um trotz steigender Krankheitskosten das Beitragsniveau im Alter bezahlbar zu halten. Die Kalkulation erfolgt anhand des Anwartschaftsdeckungsverfahrens, das auch Grundlage zur versicherungsmathematischen Berechnung der Deckungsrückstellungen der Lebensversicherung ist. Seit dem 1.1.2009 können so zumindest teilweise Altersrückstellungen bei einem Versichererwechsel transportiert werden. Da diese aber auf den Basis-Tarif begrenzt sind, bietet sich insbesondere für langjährig Versicherte eine Tarifumstellung gemäß § 204 VVG innerhalb der eigenen Krankenversicherung an. Diese wird zwar nicht offensiv beworben, es besteht aber ein Rechtsanspruch. Der Krankenversicherer muss nämlich in diesem Fall die Altersrückstellungen vollumfänglich in den neuen Vertrag einfließen lassen.
Weißt Du etwas über das Thema, das hier noch fehlt? Schreib uns Deine Meinung, Ergänzungen und Fragen – direkt unter diesem Artikel, in den Kommentaren. Du hilfst damit auch anderen Lesern.