Ein starker Geist gegen schwaches Fleisch
ein Beitrag von Peter Gerst und Reinhold Stritzelberger

Jedes Mal dasselbe Spiel: Die guten Vorsätze sind da, die Motivation auch. Der letzte Kleiderkauf war ein Augenöffner, Abnehmen ist angesagt.
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Und jedes Mal erweist sich früher oder später die Schokolade als stärker, der Videoabend auf der Couch überzeugender als unser Wunsch. Wir Menschen möchten JETZT den Genuss, das Wohlgefühl. Daran ist im Grunde nichts verkehrt: So sind wir biologisch konditioniert seit den Zeiten, als Fettreserven und das Haushalten mit der eigenen Energie unser Überleben sicherten.
Mentale Hindernisse: Frustfressen und Moppel-Look
Aber heute verzweifeln wir an dem einst so sinnvollen Überlebensmechanismus. Wenn wir ein Stück Schokolade gegessen haben, dann ist sowieso alles egal, dann kann es auch gleich die ganze Tafel sein. Wir greifen zum Frustfressen, um uns für das eigene Versagen zu trösten. Wir wagen uns nicht ins Fitness-Studio, weil wir uns in den Sportklamotten moppelig fühlen. Man hat eben einfach keine Willensstärke, da kann man nichts dafür – und schon gar nichts dagegen machen.
Willensstärke lässt sich trainieren
Falsch, sagen aktuelle Erkenntnisse! Die Zeit der billigen Ausreden ist vorbei. Willensstärke ist eine Qualität, die sich trainieren lässt. Mit etwas Hintergrundwissen und einigen einfachen Methoden kann man aus dem inneren Schweinehund einen sportbegeisterten Gassigeher machen, der nur Super-Food zu sich nimmt. Und aus dem Wunsch, endlich abzunehmen, einen konkreten Plan.
Wenn Sie sagen: „Irgendwann mag ich endlich mal wieder abnehmen“ – dann hilft Ihnen das nicht, wenn Sie in einen Zielkonflikt geraten, wo das kurzfristig Angenehme das langfristig Wünschenswerte aushebelt. Setzen Sie sich daher ein genau definiertes Ziel, das Sie mit Daten verankern. Dann können Sie beim Anblick der Sahnetorte sagen: „Wenn ich die jetzt esse, passe ich beim Klassentreffen am 12. Januar nicht in mein Lieblingskleid.“ Das gibt Ihrer Willensstärke gute Argumente, sich durchzusetzen.
Die Fallstricke und Versuchungen werden kommen, das ist garantiert. Wenn Sie darauf mental vorbereitet sind, werden Sie diese aber nicht aus der Bahn werfen. Überlegen Sie im Voraus Alternativen, mit denen Sie reagieren, wenn Sie einmal nicht an Ihrem Plan festhalten können. Wenn Sie beispielsweise bei der Firmenfeier zu oft am kalten Buffet waren, legen Sie einen Obst- und Gemüsetag ein. Wenn Sie zum Essen eingeladen werden, sagen Sie nicht ab, denn das würde Sie nur frustrieren. Gehen Sie hin, aber verzichten Sie auf Wein und Nachtisch. Wenn Sie einmal nicht zum Sport können, dann holen Sie die versäumte Trainingseinheit an einem anderen Tag nach, oder fahren am Tag darauf mit dem Fahrrad statt dem Auto zur Arbeit. So vorbereitet, kann nichts passieren, das Ihren Plan gefährden könnte.
Im Grunde ist er ein ganz Lieber, der es nur gut mit Ihnen meint. Er will schließlich, dass Sie Spaß haben. Also müssen Sie ihn nur richtig füttern – mit guten Gedanken, die ihm klar machen, was Ihnen WIRKLICH Spaß bereitet. Denn ohne Ihre Hilfe kann er es ja nicht wissen. Und das ist jetzt nicht das Feierabendbier, sondern der Abendspaziergang. Malen Sie ihm diese „richtigen“ Verhaltensweise in den schönsten Farben aus – wie gut sich die frische Luft anfühlt, wie angenehm es ist, jetzt die Beine zu bewegen. Dann will er unbedingt mit.
Statt sich zu quälen und zu eiserner Disziplin anzuhalten, arbeiten Sie MIT dem Strom der guten Gefühle. Stellen Sie sich vor, wie toll es sich anfühlen wird, am Zieltag im schicken Kleid zu stecken. Wie gut Sie aussehen werden, wenn Sie sich vor dem Spiegel betrachten, und wie viel Komplimente Sie bekommen. Je attraktiver das Ziel, desto leichter fällt der Weg dorthin. Denken Sie daran, dass Sie jedes Stück Schokolade, das Sie nicht essen, diesem Ziel näherbringt. Dann fühlt es sich richtig gut an, es liegenzulassen.
Wenn die Versuchung kommt, braucht sie nur den Bruchteil einer Sekunde, um sich durchzusetzen. Dieses schmale Zeitfenster an Schwäche genügt ihr. Also sitzen Sie die Sache aus, indem Sie im Fall der Fälle erst einmal tief durchatmen. Machen Sie sich bewusst, dass Sie jetzt, wenn Sie nachgeben, Ihr schönes Ziel weiter von sich wegrücken. Sagen Sie sich: „JETZT esse ich es nicht, aber später vielleicht.“ Und später? Sagen Sie genau das Gleiche.
Zeigen Sie Verständnis dafür, dass Sie nicht perfekt sind und Rückschläge zur menschlichen Natur gehören. Auf Vorwürfe reagieren wir alle mit einem starken Bedürfnis nach Trost – und was könnte tröstender sein als ein Stück Schwarzwälder Kirsch? Wenn Sie sich mit Selbstvorwürfen stressen, geraten Sie deshalb leicht in einen Teufelskreis. Also besser: Verständnis zeigen. Morgen ist auch noch ein Tag – und da werden Sie es besser machen.